: Hoch die Deiche
Mehr als eine Milliarde Euro will NRW bis 2015 in den Hochwasserschutz investieren. Die niederländischen Nachbarn fordern: „Deutsche Bundesländer müssen besser kooperieren“
VON HENK RAIJER
Niederländer fordern von Nordrhein-Westfalen einen besseren Hochwasserschutz: „Wir sind das Abflussrohr Europas“, sagte die holländische Staatssekretärin für Wasserwirtschaft Melanie Schultz van Haegen. Die Niederlande sei auf die Hochwasserpolitik am Oberrhein angewiesen.
Vor wenigen Tagen hat die NRW-Landesregierung ihr neues Hochwasserschutzprogramm vorgelegt. 1,2 Milliarden Euro wird NRW bis 2015 für Deichsanierungen, Deichrückbau und die Schaffung von Rückhalteräumen ausgeben. Auch die Auswirkungen des Klimawandels, der infolge größerer Niederschlagsmengen höhere Deiche erforderlich machen könnte, sind laut Umweltministerium eingerechnet. „Aber so genau lassen sich die Folgen des Klimawandels nicht berechnen“, sagt Sprecher Wilhelm Deitermann. „Wir wollen Kosten und Investitionen der Situation anpassen.“
Wirksamer und nachhaltiger Hochwasserschutz war das Thema der fünften deutsch-niederländischen Hochwasserkonferenz in Arnheim am vergangenen Donnerstag. „Hochwasser macht an Grenzen nicht halt, eine länderüberschreitende Zusammenarbeit ist wichtig“, sagte dort NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU). „NRW und die Niederlande sitzen im selben Boot.“
Auch Harry Keereweer, den für Wasserwirtschaft zuständigen Deputierten der rheinabwärts gelegenen Provinz Gelderland, begrüßte die zunehmend bessere Zusammenarbeit mit NRW. Zugleich wunderte er sich über die fehlende Kooperation zwischen den Bundesländern, durch die der Rhein fließt. „Da scheint man eher gegen einander zu arbeiten. Unsere Kooperation sollte den deutschen Bundesländern ein Vorbild sein“, so Keereweer.
Von Alleingängen in den einzelnen Bundesländern könne keine Rede sein, sagt hingegen Ministeriumssprecher Deitermann. Sowohl unter den europäischen Rheinanrainerstaaten wie auch zwischen den Bundesländern würden die Konzepte aufeinander abgestimmt. „Da klappt die Zusammenarbeit.“
Deichneubau und Deichsanierung haben in den Düsseldorfer Planspielen absolute Priorität. Die Schaffung von so genannten Retentionsräumen, die im Falle von Hochwasser geflutet werden können, spielt nur noch eine kleine Rolle. „Es ist absolut vordringlich, zunächst die Deiche in Ordnung zu bringen“, sagt auch Horst Terfehr, der vor seiner Pensionierung als Geschäftsführer des Deichverbandes Kleve selbst zahllose Deichsanierungen durchgeführt hat und heute im Arbeitskreis für Hochwasserschutz Xanten-Kleve aktiv ist. „Bevor wir Deichrückverlegungen und Notüberlaufpolder in Angriff nehmen, müssen wir wie die Niederländer die Schwachstellen beseitigen.“
Genau so sieht das Jan Smit, Vorstandsmitglied von Hoogwaterplatform Ooijpolder, einer Initiative, die sich nach der dramatischen Evakuierung im Januar 1995 gebildet hatte. Auch er fordert stärkere Deiche statt Überflutungsflächen. „In NRW haben sich SPD und Grüne zu lange mit einer auf die Umwelt ausgerichteten Strategie aufgehalten. Das hat bei der Deichsanierung zu Verzögerungen geführt.“
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