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Archiv-Artikel

Polizeiaktion bleibt rätselhaft

Auch im Innenausschuss trägt der Innensenator wenig zur Aufklärung der Vorfälle im Wrangelkiez bei. Fragen nach dem Grund für die Fesselung zweier zwölfjähriger Kinder bleiben unbeantwortet

von PLUTONIA PLARRE

Wenigstens in einem Punkt sorgte Ehrhart Körting im Innenausschuss für Klarheit. Der Begriff „Mob“ gehöre nicht zu seinem Sprachgebrauch, stellte der SPD-Innensenator gestern klar. Der Tagesspiegel hatte ihn in einem groß aufgemachten Bericht zu den Vorfällen in Kreuzberg und Moabit mit dem Ausspruch „Ein Mob wird nicht toleriert“ wiedergegeben. Was diese Wortwahl angehe, so Körting, „bin ich nicht korrekt zitiert worden“.

Diese Richtigstellung war allerdings das Einzige, was der Senator zur Aufklärung der Ereignisse beizutragen hatte. Ob es zutreffe, dass Zwölfjährige am vergangenen Dienstag in der Wrangelstraße auf offener Straße von der Polizei in Handschellen gelegt worden sein, wollte Volker Ratzmann, Fraktionschef der Grünen, wissen. „Ich vermag nicht zu erkennen, wozu solche Details weiterhelfen“, versuchte Körting abzuwiegeln. Aber selbst wenn es so gewesen wäre, sehe er darin kein Problem. Schon aus Selbstschutzgründen könne so eine Maßnahme geboten sein. Besser Handschellen anlegen „als ein Messer in den Bauch bekommen“, erklärt Körting.

Nach Angaben von Jugendlichen und Anwohnern des Wrangelkiezes gegenüber der taz waren es die Handschellen an den Handgelenken der zwölfjährigen Migrantenkinder gewesen, die die umstehenden Menschen so empört hatten. So gefesselt, hätten die Jungen 10 bis 15 Minuten an der Wand gestanden, bis sie abtransportiert wurden. Fragen nach dem Grund seien von den Beamten nicht beantwortet worden, berichten Beobachter.

Polizeipräsident Dieter Glietsch bestritt dies gestern. Einer der Zwölfjährigen sei in Begleitung seiner Mutter gewesen. Die Beamten hätten versucht, der Frau den Grund für die Festnahme „transparent zu machen.“ Doch die 80- bis 100-köpfige Menge habe die Polizeimaßnahme „verbal aggressiv“ gestört. Später seien die Beamten aus der „gewalttätigen Menge mit Schlägen und Tritten traktiert worden“. Was den Vorwurf der ausländerfeindlichen Äußerungen angehe, habe das Landeskriminalamt ein Ermittlungsverfahren gegen die Beamten eingeleitet.

Für gestern Abend war in den Räumen des Quartiersmanagements Wrangelkiez ein klärendes Gespräch zwischen Jugendlichen, Sozialarbeitern und Polizisten geplant. Er begrüße das Treffen, sagte Glietsch. Es sei sinnvoll und notwendig, dass alle Beteiligten ein vorurteilsfreies Gespräch führten.

Ein Vorfall, der sich vergangenen Mittwochabend in Moabit ereignet hatte, stellt sich für die Polizei inzwischen nicht mehr als Behinderung von Rettungskräften dar. Zunächst hatte es geheißen, aufgebrachte Migranten hätten versucht, den Abtransport eines bei einem Unfall verletzen Fünfjährigen zu verhindern, darunter die Mutter des Kindes. Glietsch sprach gestern von einer „mentalitätsbedingten, nachvollziehbaren Erregung“. In der ersten Polizeimeldung sei die Situation vor Ort „ein bisschen zu scharf“ eingeschätzt worden.