Ernst Gottfried Mahrenholz, Verfassungsrichter a. D.
: Wächter der Grundrechte

■ 81, Ex-Direktor des NDR-Funkhauses Hannover, Ex-Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts und als Anwalt tätig. Foto: dpa

Es sind „Dinge, die nicht hätten geschehen dürfen“, die Ernst Gottfried Mahrenholz in Sachen niedersächsischer Ausländerpolitik immer wieder auf den Plan rufen. Mit seinem jüngsten Vorstoß wendet sich der frühere Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts an Landtagspräsident Hermann Dinkla (CDU): Der soll einen Runden Tisch zum Thema Abschiebung einrichten.

„Ewig Strittiges“ könnten Fraktionen, Kirchen, der Flüchtlingsrat, Roma-Vertreter und nicht zuletzt das Schünemann’sche Innenministerium dort klären. Die Parlamentsdebatten, sagt Mahrenholz, blieben zu oft „unfruchtbar“. Die „Konfrontation herausnehmen“ könne nur ein Runder Tisch. Und der SPD-Mann weiß, wovon er spricht: Von 1974 bis 1976 war er niedersächsischer Kultusminister, bis 1981 saß er im Landtag, dann wechselte er ans Bundesverfassungsgericht.

Mit Sondervoten gegen die Meinung seiner Amtskollegen machte er dort von sich reden. Er bestritt das Recht der Bundesregierung, amerikanische Mittelstreckenraketen ohne förmliches Gesetz zu stationieren und aufzustellen. Bei der Reform des Paragraphen 218 pochte er auf die Grundrechte schwangerer Frauen. Um die Grundrechte geht es Mahrenholz auch beim Thema Integration. Mehrfach rügte er die niedersächsische Abschiebepraxis.

Aktuell ist es der Fall der kurdisch-yezidischen Familie Naso aus dem Kreis Hildesheim, der Mahrenholz „auf das Schmerzlichste“ betroffen macht: Vater und Sohn waren Anfang Februar nach Syrien abgeschoben worden, wo sie sofort festgenommen wurden. Mutter und Tochter blieben in Deutschland zurück. Nach 13 Tagen kam laut Flüchtlingsrat der Vater frei, der 15-jährige Sohn erst nach vier Wochen. „Das Ansehen des Landes selbst“, schreibt Mahrenholz in seinem Brief an Dinkla, berührten Fälle wie dieser.

Die Sorge teilen SPD und Grüne in Niedersachsen. Sie haben sich Mahrenholz’ Forderung nach einem Runden Tisch angeschlossen. Um die „Geschäfte der Opposition“ gehe es ihm aber nicht, auch als „weltfremder Idealist“ wolle er sich nicht verstanden wissen, schreibt Mahrenholz in seinem Brief an Dinkla. THA