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Archiv-Artikel

Der Präzedenzfall

Der Neusser Bürgermeister Herbert Napp will seine RWE-Beiratsbezüge behalten. Notfalls will er vor Gericht gehen

Herbert Napp sagt über sich selbst, dass er seine Meinung „nicht an der Garderobe“ zurücklasse. Und dass er Streit zwar nicht suche, ihm aber auch nicht aus dem Weg gehe. Nun ist dem Rathauschef der Stadt Neuss mal wieder ein richtiger Aufreger gelungen: Weil er von der Stadtkasse rund 14.000 Euro zurückhaben möchte, die er aus Nebentätigkeiten abgeführt hat, ist der Christdemokrat von der Bild-Zeitung zum „Gier-Bürgermeister“ ernannt worden.

Der 60-jährige Jurist sieht die Sache unaufgeregt. Ihm gehe es vor allem um die gut 6.000 Euro, die er jährlich als Beirat des Energieversorgers RWE erhält. Er wolle eine Präzedenzentscheidung für alle Kommunalpolitiker in Deutschland, sagt er: „Es muss geklärt werden, ob ich in das Gremium berufen worden bin, weil ich Bürgermeister bin – oder weil ich in Energiefragen sachkundig bin“, sagt er. Sitze er qua Amt im Beirat, müsse die Stadt das Geld bekommen. Berate er RWE aufgrund seiner besonderen Kompetenz, dann gehöre das Geld ihm. Das NRW-Innenministerium tendiert zu Variante eins, Napp glaubt an Variante zwei.

„RWE wäre doch blöde, wenn es die Leute nicht nach Sachkundigkeit einstellen würde“, sagt er. Im Gegenteil: Wäre das Amt die einzige Qualifikation, dann würde es sich bei den lukrativen Jobs tatsächlich um „Korruption“ handeln. Der Bürgermeister hält sich für unbestechlich – und will zur Not vor Gericht um seine Einkünfte streiten.

Mit seiner Klagedrohung riskiert Napp nicht zum ersten Mal in seiner Karriere schlechte Schlagzeilen. Häufig sucht der Kettenraucher den Konflikt mit seiner eigenen Partei, dem Neusser Landrat Dieter Patt (auch CDU) soll er in besonderer Abneigung verbunden sein.

Vor rund zwei Jahren bewies Napp in seiner Eigenschaft als Verbandsvorsteher des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr, dass er ein gewiefter Trickser ist. Als sein Parteifreund Wilhelm Müller nicht mehr für den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden kandidieren durfte, weil er kein Amt in Politik oder Verwaltung besaß, wollte Napp ihm kurzerhand einen Job als Polizeiberater in Neuss einrichten.

Erst nach langen Diskussionen ließ er den Plan mit der Phantasiestelle fallen – wegen der „Anfeindungen“ in der Presse, sagte er damals. Im Streit um seine Nebeneinkünfte will Napp aber nicht klein beigeben: „Von der Bild-Zeitung lasse ich mich bestimmt nicht vom Klagen abhalten“, sagt er. KLAUS JANSEN