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Archiv-Artikel

China rückt näher

Die Nachfrage nach Chinesischkursen in NRW steigt. Teilnehmer sind Firmenangestellte, die sich für ihren Job weiterbilden oder Studierende, die auf Chinesischkenntnisse als Zusatzqualifikation setzen

VON AVA A. WEIS

Konfuzius zieht. Ab März soll am ersten Konfuzius-Institut Nordrhein-Westfalens, das im Dezember in Düsseldorf eröffnet wurde, chinesische Sprache, Geschichte und Kultur sowie Kalligraphie unterrichtet werden. Die Nachfrage nach diesen Kursen sei immens, es gebe kaum noch freie Plätze, sagt ein Sprecher des Instituts. Allein für die Einführungsveranstaltung „Der Heilige und seine Lehrer. Warum Konfuzius der Unterweisung bedurfte“ am vergangenen Dienstag hätten sich mehr Leute angemeldet, als Besucher in den Vortragsraum passen. Entsprechend dürften die drei Seminarräume, die für die bald startenden Kurse zur Verfügung stehen, aus allen Nähten platzen.

Wer sich bei der chinesischen Abteilung am Landesspracheninstitut NRW (LSI-Sinicum) in Bochum um Kurse bemüht, kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Chinesisch ist gefragt wie nie zuvor. Beim LSI-Sinicum bewerben sich jährlich rund 700 Teilnehmer für die Intensivkurse. Davon müssten aufgrund mangelnder Kapazitäten bis zu 200 abgelehnt werden, erklärt Institutsleiter Jochen Pleines. Maximal acht Personen können an einem einzelnen Kurs teilnehmen. Bei den BewerberInnen handelt es sich laut Pleines um zwei Personengruppen. Zum einen kämen Studierende aus den Ingenieurs- und BWL-Studiengängen, die auf diese Weise eine Zusatzqualifikation für ihren späteren beruflichen Werdegang erwerben wollen. Besonders im wirtschaftlichen Bereich sei Chinesisch heutzutage ein Muss und gehöre quasi zum Know-how. Auch machten, so Pleines, diejenigen mit Sprachkursen oder gar einem Studium der Sinologie nichts falsch, die in der Entwicklungshilfe, der Politik oder auch im Journalismus tätig sein wollen.

Auf der anderen Seite besuchen nach Erkenntnissen des Bochumer Institutsdirektors auch solche Menschen die Kurse, die schon fest im Arbeitsleben stehen und nun im Auftrag ihrer Unternehmen eine Weiter- oder Fortbildung absolvieren. Dazu zählen laut www.karriere.de Mitarbeiter namhafter Firmen wie Siemens, Lufthansa, Bosch oder DaimlerChrysler.

So verschieden die Teilnehmer und ihre Beweggründe auch sein mögen – sie alle sind ausnahmslos extrem motiviert. Aber das ist auch nötig, um die Intensivkurse von nur zwei bis drei Wochen erfolgreich durchzustehen. Da wird von morgens bis abends und manchmal bis in die Nacht hinein gebüffelt. Dafür kann jede und jeder am Ende recht ordentlich sprechen. Gleich eine Konferenz zu leiten, wäre vielleicht zu hoch gegriffen. Aber einigermaßen frei sprechen und schreiben können die Teilnehmer nach diesen paar Wochen durchaus. Zwar bräuchten die meisten Teilnehmer nach bestandener Prüfung erstmal eine kleine Verschnaufpause, räumt Jochen Pleines ein. Abbrecher hingegen gebe es an seinem Institut so gut wie nicht.

An der Universität Köln dagegen schon. Wie eine Sinologiestudentin berichtet, schreiben sich dort in der Regel pro Semester etwa 120 Studierende ein. Nach dem ersten Semester seien davon etwa 90 übrig, und am Ende des Studiums seien es vielleicht noch um die 20, wenn nicht sogar nur 10 Studierende, die bis zum endgültigen Abschluss durchhalten. Immerhin hätten diese wenigen danach optimale Voraussetzungen, um beruflich ein- und aufzusteigen. Die Hälfte der Kölner Absolventen ginge nach dem Abschluss für ihren Job sogar nach China.

Immer mehr Schulen in NRW passen sich inzwischen diesen Gegebenheiten an. Sie bieten frühzeitig Chinesisch-AGs und in einigen Fällen auch Chinesischunterricht an. Die Gesamtschule Bonn-Beuel hat als erste Anstalt in NRW Chinesisch als Abiturfach im Angebot.

Das Bochumer LSI hat sich dieser Entwicklung ebenfalls angepasst und bietet Schülern nun Kurse und Austauschprogramme an. Während eines einjährigen Aufenthalts in China können die Schüler Land und Leute, die Kultur und natürlich die Sprache hautnah kennen lernen.

Wer zum Lernen nicht so weit weg möchte, wendet sich entweder an das Düsseldorfer Konfuzius-Institut oder, wenn nur der Spracherwerb interessiert, an eine der vielen Volkshochschulen, bei denen Chinesisch schon länger auf dem Programm steht. Wer mit dem Gedanken spielt, sich mit Chinesisch als Zusatzqualifikation zu bewerben, sollte wissen, dass die offizielle Prüfung zum Nachweis der chinesischen Sprachkenntnisse nur am Chinesischen Centrum in Hannover und an der Uni Erlangen abgelegt werden kann.