„Bürgerkrieg am Horizont“ in Kinshasa

Kongos Präsident Kabila fordert Abzug der Truppen seines Rivalen Bemba aus der Hauptstadt. Der weist das zurück

BERLIN taz ■ Kongos Militär ist massiv auf die Straßen der Hauptstadt Kinshasa ausgerückt. Lastwagenweise wurden Truppen der Regierungsarmee FARDC am Mittwochabend ins Stadtzentrum gebracht und nahmen Positionen ein, die zuvor die Polizei innehatte. „Die Armee ist stark präsent“, berichtete gestern ein Bewohner der Stadt.

Am Dienstag war es in Kinshasa zum zweiten Mal seit der Stichwahl um das Präsidentenamt am 29. Oktober zu Gewalt zwischen Polizei und zivil gekleideten Bemba-Milizionären gekommen. Dabei wurden auch Teile des Obersten Gerichts, wo gerade Bembas Klage gegen seine Wahlniederlage verhandelt wird, in Brand gesetzt. Bemba hat dafür jede Verantwortung zurückgewiesen. Doch Kinshasas Gouverneur, Admiral Liwanga, verkündete danach, in Zukunft werde die Armee anstelle der Polizei in Kinshasa für Ordnung sorgen. Die Polizisten waren zunächst vor den Bemba-Anhängern weggelaufen.

Ebenfalls am Mittwochabend gab Kongos Präsident Joseph Kabila seinem Rivalen Bemba ein 48-Stunden-Ultimatum, seine Soldaten aus Kinshasa abzuziehen. Dies habe Kabila bei einem Treffen mit UN-Missionsleiter William Swing gesagt, erklärte ein UN-Mitarbeiter.

Kongos Innenminister General Denis Kalume verlangte zugleich im Staatsfernsehen „Maßnahmen“ gegen „diese Bande unkontrollierter Menschen, die drohen, die Stadt in Flammen versinken zu lassen“. Dies müsse mit der „Entfernung“ von Bembas Militärs aus Kinshasa einhergehen, „denn diese Ereignisse geschehen immer in der Nähe von da, wo diese Militärs sind“ General Kalume und Admiral Liwanga gelten als Hardliner im Militärapparat Kabilas und hatten ihre Posten kurz vor der Stichwahl erhalten. Dies war damals als Vorbote einer Militarisierung gewertet worden.

Bemba wies Kabilas Forderung gestern zurück. „Bembas Truppen sind Teil der kongolesischen Armee“, sagte sein Sprecher Moise Munagana der taz. Die von Kalume aufgeworfenen Probleme müssten im Rahmen der noch amtierenden Allparteienregierung behandelt werden, in der Bemba einer von vier Vizepräsidenten ist. „Bis zum Beweis des Gegenteils sind die Institutionen noch im Amt“, so Munagana. Kabilas Ultimatum sei im Rahmen eines „Geheimtreffens“ gefallen und daher nicht gültig.

Im Rahmen der geltenden Friedensverträge des Kongo haben der Präsident und die vier Vizepräsidenten das Recht auf persönliche Schutztruppen in Kinshasa. Kabila hält dort rund 5.000 Mann, Bemba rund 1.000. Sie waren die Hauptkontrahenten bei dreitägigen Kämpfen im August gewesen, als deren Folge die UNO mit beiden Seiten ausgehandelt hatte, außer der Polizei keine bewaffneten Elemente mehr auf die Straße zu lassen.

Die Stationierung der Armee in Kinshasa jetzt ist ein klarer Bruch dieser Vereinbarung. Entsprechend irritiert ist die UN-Mission im Kongo (Monuc), die sich anders als früher jetzt nicht mehr automatisch an der Seite der Armee sieht. Das Problem von Milizen in Kinshasa „müssen die Kongolesen selber lösen“, erklärte die Monuc gestern.

„Bürgerkrieg am Horizont“, titelte gestern Kongos größte Tageszeitung Le Potentiel. Am Vormittag verließen 49 Bemba-Soldaten Kinshasa Richtung Maluku 80 Kilometer nördlich, wo Bemba direkt neben Kongos größter Tropenholzfirma, einem deutschen Unternehmen, ein Militärlager am Kongo-Fluss unterhält. DOMINIC JOHNSON