: Sozialistischer Gang
In Wuppertal wird die Fußgängerbrücke zum Uni-Campus nach dem Marxisten Wolfgang Abendroth benannt
Sicherlich gibt es bemerkenswertere Brücken als jene bislang namenlose Fußgängerüberführung im Wuppertaler Stadtteil Elberfeld. Gleichwohl ist die Wahl gelungen: Auf der Wolfgang-Abendroth-Brücke wird man demnächst die Max-Horkheimer-Straße überqueren können, um auf den Campus der Bergischen Universität zu gelangen. So hat es jetzt die zuständige Elberfelder Bezirksvertretung mit knapper Mehrheit beschlossen.
Eingebracht hatte den Antrag im vergangenen Jahr die örtliche Linkspartei. Anlass war der 100. Geburtstag des 1906 in Elberfeld geborenen Abendroth. „Sein zentrales Anliegen war die Verteidigung und der Ausbau des demokratischen und sozialen Rechtsstaates“, begründete Linkspartei-Bezirksvertreter Çemal Agir die Initiative für den 1985 verstorbenen Politologen und Juristen. Auf jeden Fall kann es nicht schaden, die heutigen Universitätsbesucher an jenen „Partisanenprofessor im Lande der Mitläufer“ (Habermas) zu erinnern, der bis zu seinem Tod „mit an der Spitze aller radikaldemokratischen und sozialistischen Oppositionen in der Bundesrepublik“ gestanden hatte, wie sein Marburger Schüler Georg Fülberth zutreffend schreibt.
Aus einem sozialdemokratischen Elternhaus stammend, schloss sich der junge Abendroth in der Weimarer Republik der KPD an. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde der angehende Jurist 1933 aus dem Referendardienst entlassen, 1937 dann wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ verhaftet und zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. 1943 zur Strafdivision eingezogen, konnte Abendroth im folgenden Jahr zu den griechischen Partisanen desertieren.
Noch als britischer Kriegsgefangener in die SPD eingetreten (die ihn 1961 wegen seiner Unterstützung für den SDS wieder ausschloss), wurde Abendroth nach dem Krieg Richter und Professor in der Sowjetischen Besatzungszone. Aber Ende 1948 floh der Antistalinist nach Westdeutschland und wurde 1950 zum Professor an der Uni Marburg ernannt. Hier blieb er bis zu seiner Emeritierung 1972.
„Schon die bloße Existenz dieses Mannes wäre als anti-antikommunistischer Kontrast zum verschwiemelten Klima des Kalten Krieges Grund genug, um seiner zu gedenken“, schrieb im vergangenen Jahr Jürgen Habermas. In Elberfeld stimmten neben der Linken auch SPD, Grüne und eine Wählergemeinschaft für die Abendroth-Brücke, CDU und FDP dagegen. P. BEUCKER