piwik no script img

Archiv-Artikel

Ankündigungen mit vielen Konjunktiven

POTENZIAL Die Entwicklung von E-Autos kostet Milliarden – doch ihr Beitrag zum Klimaschutz ist irrelevant

BERLIN taz | Nissan und Mitsubishi planen die Revolution: Laut Wirtschaftszeitung Nikkei wollen sie bis spätestens 2017 ein Elektroauto für umgerechnet 11.000 Euro auf den Markt bringen. Beschlossen wurde zwar bisher nichts und der Preis wäre für ein vollwertiges Kfz extrem niedrig: Ein E-Golf oder ein BMW i3 kosten über 30.000 Euro.

Anders als mit vielen Konjunktiven lässt sich die Entwicklung von E-Fahrzeugen derzeit kaum beschreiben. Zwar bauen die meisten Autokonzerne heute E-Autos in Serie – aber sie sind Nischenprodukte. 6.051 neue E-Autos wurden 2013 frisch registriert. Das sind 0,2 Prozent der Neuanmeldungen.

Aber so ist das mit jeder neuen Technologie: Sie fängt klein an. Mit den sogenannten Plug-in-Hybriden, die neben einer aufladbaren Batterie und einem E-Motor auch einen Verbrennungsmotor haben, sind es deutlich mehr Fahrzeuge. Laut des jüngsten Index Elektromobilität der Unternehmensberatung Roland Berger fast 100.000 in den USA. Die Weltjahresproduktion wird im Jahr 2016 bei fast einer halben Million Fahrzeuge liegen. Das ist weniger als 1 Prozent.

Dem Klima kann das vorerst egal sein. Das Öko-Institut rechnet im Jahr 2020 bei den neu zugelassenen Pkws noch mit 92 Prozent reinen Diesel- und Benzinfahrzeugen, 2030 noch mit 73 Prozent. Der Anteil auf den Straßen ist noch höher. Eine Studie von fünf deutschen Umweltverbänden kam deshalb im Juni zu dem Schluss, dass E-Mobilität ihre Wirkung erst nach 2030 entfalten könnte. „Bis dahin muss der Hauptteil der CO2-Reduktionen bei Pkws von konventionellen Antrieben kommen“, so Johannes Erhard vom WWF.

Momentan haben Elektrofahrzeuge im Vergleich zu Diesel- oder Benzinfahrzeugen ohnehin keinen ökologischen Vorteil. Das Institut für Wirtschaft der TU Dresden hat kürzlich die Klimabilanz eines Elektro-Golf mit Benzinern und Dieseln verglichen – und zwar mittels einer „Verflechtungsanalyse“.

Die berechnet nicht nur den Benzin- oder Stromverbrauch, sondern auch Herstellung und Entsorgung mit ein und simuliert auch die Ebenen dahinter wie die Gewinnung und den Transport von Rohstoffen zum Bau, die Stromproduktion oder die Ölförderung. Das Ergebnis: Momentan sind Diesel- und Benzin-Golfs sparsamer als die E-Variante. In China schneiden Elektrofahrzeuge sogar deutlich schlechter ab, weil die dortige Stromerzeugung extrem viel Schmutz macht.

Der entscheidende Faktor ist natürlich, ob der Strom öko ist, den ein Elektroauto verbraucht – und wie sich die Technik weiterentwickelt: Batterien werden leichter, billiger und effizienter – aber eben auch herkömmliche Fahrzeuge, die 2030 noch ein Drittel dessen verbrauchen könnten, was 2010 üblich war.

Martin Treiber, der die Berechnungen an der Technischen Universität Dresden durchführt, glaubt: „Am Ende wird das E-Auto, das mit 100 Prozent Ökostrom läuft, sparsamer sein. Das verändert aber nicht die Welt. Ich schätze: 20 bis 30 Prozent im Vergleich zu den konventionellen Pkws der Zukunft.“ INGO ARZT