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Archiv-Artikel

„Rollende Arztpraxis“ steht vor dem Aus

VERSORGUNG Zu wenig Patienten haben das bundesweit einmalige Angebot des fahrenden Hausarztes im Landkreis Wolfenbüttel genutzt. Das Modellprojekt wird darum wohl eingestellt

Die bundesweit erste „Rollende Arztpraxis“ wird voraussichtlich nur noch bis Ende des Jahres im niedersächsischen Landkreis Wolfenbüttel unterwegs sein. Das Modellprojekt trage sich wirtschaftlich nicht, weil die Auslastung insgesamt noch zu gering sei, sagte Landrätin Christiana Steinbrügge (SPD) am Mittwoch. Seit August 2013 fährt ein Arzt mit der in einem Wohnmobil eingerichteten Praxis regelmäßig Dörfer an (taz berichtete).

Insgesamt ziehen die Initiatoren aber eine positive Bilanz. Besonders ältere und wenig mobile Menschen nehmen die Leistungen des rollenden Arztes in Anspruch. Eine Versorgungslücke werde mit dem Aus der rollenden Praxis nicht entstehen, sagte Stefan Hofmann, Geschäftsführer der Braunschweiger Bezirksstelle der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN). In der Region herrsche noch keine Unterversorgung.

Offiziell ist das Aus der mobilen Praxis noch nicht beschlossen, eine Entscheidung soll in den kommenden Wochen fallen. Für die Landesregierung war es wichtig, Lösungsmodelle für den drohenden Medizinermangel zu entwickeln. „Vielleicht sind wir zukünftig gezwungen, auch solche Instrumente als Baustein unserer ländlichen Versorgungsstruktur einzusetzen“, sagte der Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Jörg Röhmann.

Der Landeschef des Ärzteverbands Hartmannbund, Bernd Lücke, hält es dagegen für unsinnig, Mediziner ans Steuer zu setzen. „Sinnvoller wäre es, die Patienten zum Beispiel mittels Fahrdienst zum Arzt zu bringen“, sagte er. Dann müssten aber die Krankenkassen bereit sein, diese Fahrten zu bezahlen. „Das bezweifele ich“, sagte Lücke.

Möglicherweise wird die rollende Arztpraxis in anderen Regionen eingesetzt. „Wir haben unter anderem Anfragen aus Brandenburg und aus Dänemark“, sagte Landrätin Steinbrügge. Das Leistungsangebot in den Dörfern entspricht etwa 20 Prozent einer kompletten Hausarztstelle. Die drei rollenden Ärzte sind bei der KVN angestellt und haben die Aufgabe Bezirkschef Hofmann zufolge vor allem aus persönlichem Engagement übernommen: „Fast alle waren schon im Ruhestand.“  (dpa)