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Archiv-Artikel

Mit Kundengeldern eigene Löhne bezahlt

Der Gründer der Geldtransportfirma Heros ist geständig. Staatsanwaltschaft beziffert Schaden auf 270 Millionen Euro

HILDESHEIM dpa ■ Im Prozess um die spektakuläre Heros-Pleite hat der Gründer des ehemals größten deutschen Geldtransportunternehmens ein umfassendes Geständnis abgelegt. „Wir haben die Kundengelder bei der Bundesbank auf ein Sammelkonto eingezahlt und immer wieder Summen auf unsere eigenen Geschäftskonten weitergeleitet, um Verbindlichkeiten zu zahlen“, sagte Karl-Heinz Weis zum Prozessauftakt gestern vor dem Landgericht Hildesheim. Neun Monate nach dem Zusammenbruch des Unternehmens müssen sich der 58-Jährige und drei Manager wegen gewerbsmäßiger Untreue, Bankrott und Insolvenzverschleppung verantworten. Die Staatsanwaltschaft bezifferte den Schaden auf fast 270 Millionen Euro.

Der Betrugsskandal bei Heros wurde im Februar aufgedeckt. Staatsanwaltschaft und Polizei hatten zeitgleich Geschäftsräume des ehemaligen Branchenführers in Hannover, Hamburg sowie im nordrhein-westfälischen Viersen und Köln durchsucht. Die vier Topmanager wurden festgenommen. Drei Tage später meldete das Unternehmen Insolvenz an. Der vom Gericht bestellte Insolvenzverwalter bezifferte den Gesamtschaden auf mehr als 400 Millionen Euro. Allein der Handelskonzern Rewe bezifferte den finanziellen Ausfall auf rund 160 Millionen Euro.

Weis räumte ein, anvertraute Firmengelder jahrelang abgezweigt zu haben, um Löhne und andere Verbindlichkeiten zu zahlen. „Auch die Krankenkassenbeiträge der Mitarbeiter und Forderungen des Finanzamtes sind zum Teil mit dem Bargeld der Kunden bezahlt worden“, erläuterte Weis. Um vor der Steuerbehörde die immensen Einnahmen zu begründen, habe er sogar einen manipulierten Kreditvertrag mit einem Mann aus der Schweiz abgeschlossen. „Uns war eigentlich klar: Das kann nicht klappen, aber es hat funktioniert.“ Später sei die Methode zur Gewohnheit geworden.

„Bereits Mitte der 80er-Jahre hat der Angeklagte Kundengelder missbraucht“, sagte Oberstaatsanwalt Andreas Henze. Später, als der Konkurs des Unternehmens nicht mehr zu vermeiden war, hätten sich die Angeklagten auch persönlich bereichert. Alles in allem sollen sie einen zweistelligen Millionenbetrag in die eigenen Taschen gewirtschaftet haben. Insgesamt listete die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift am Dienstag 160 Überweisungen auf die firmeneigenen Konten in den Jahren 2001 bis 2006 auf.

Zweigten die Manager zu Beginn zunächst fünfstellige Summen ab, wurden sie schnell immer dreister. Zum Weihnachtsgeschäft, als die gepanzerten Fahrzeuge immense Summen der großen Handelsketten transportierten, wurden wöchentlich Millionenbeträge veruntreut. „Den Kunden wurde das Geld verspätet gutgeschrieben, was mit EDV-Problemen begründet wurde“, erläuterte Henze.

Insgesamt hat das Gericht 30 Verhandlungstage bis Ende März 2007 angesetzt. Der Prozess soll am 5. Dezember fortgesetzt werden. Neben dem Firmengründer haben auch zwei weitere Angeklagte ein Geständnis angekündigt.