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Archiv-Artikel

Moskau schlägt zurück

SANKTIONEN Russland verkündet Importverbote auf Hähnchen, Milch und Schokolade – Ersatz soll aus Brasilien und Neuseeland kommen. Europas Börsen zittern, Tschechien fordert EU-Gelder

BERLIN taz/rtr/dpa/afp | In Reaktion auf die westlichen Wirtschaftssanktionen stoppt Russland die Einfuhr von Agrarprodukten aus den USA und der EU. Kanada, Norwegen und Australien seien ebenso betroffen, sagte Dimitri Medwedew, der russische Ministerpräsident am Donnerstag. Es ist Russlands bisher schärfste Reaktion auf westliche Strafmaßnahmen in dem Konflikt.

Zudem erwäge Russland ein Überflugverbot für westliche Fluggesellschaften. Transitflüge ukrainischer Fluggesellschaften über russisches Hoheitsgebiet wurden untersagt.

Um die Importausfälle zu kompensieren, solle mehr Fleisch aus Brasilien und Käse aus Neuseeland eingeführt werden, so der russische Landwirtschaftsminister. Die EU-Kommission hingegen nannte die Maßnahmen eindeutig politisch motiviert. Die EU behalte sich das Recht vor, darauf angemessen zu reagieren.

Ein russischer Wirtschaftswissenschaftler sprach von „äußerst schmerzhaften“ Importverboten für beide Seiten. Die EU verliere viele Milliarden Euro aus dem Obst- und Gemüsehandel. In der Tat gehören landwirtschaftliche Produkte zu den wichtigsten Exportgütern der EU nach Russland. Rund ein Zehntel, der nach Russland exportierten Waren sind Agrarprodukte. 2013 exportierte die EU nach eigenen Angaben Obst und Gemüse im Wert von 11,9 Milliarden Euro nach Russland.

In Deutschland rechnen derweil viele Wirtschaftszweige mit Einbußen. „In der jetzigen Situation ist es immens wichtig, die Spirale von Sanktionen und Gegensanktionen zu durchbrechen“, sagte Eckhard Cordes, der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft.

Hilfen für Firmen, die unter den Exportsanktionen leiden, würden geprüft, sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Die Bundesregierung befürchte derzeit keine Probleme bei Öl- und Gaslieferungen. Die hiesigen Gasspeicher könnten momentan etwa ein Viertel des Jahresbedarfs decken. Tschechien fordert indes finanzielle Hilfen von der EU, um die negativen Folgen der Sanktionen abzufedern. „Das ist mit Sicherheit ein Thema für Europa“, sagte Ministerpräsident Bohuslav Sobotka im Rundfunk. Der gemeinsame EU-Haushalt komme als Quelle für mögliche Entschädigungszahlungen infrage, bemerkte der Sozialdemokrat. Mehrere Unternehmen forderten ihrerseits Hilfen von der Regierung in Prag.

Die zunehmende Spannung lähmte auch Europas Börsen. DAX und Euro Stoxx sind in den vergangenen Wochen stark gefallen. An der Moskauer Börse rutschten die Aktien-Leitindizes erneut um jeweils knapp zwei Prozent ab. SIMON PÖTSCHKO

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