: Olaf Scholz trimmt sein Kabinett voll auf Wirtschaft
HAMBURG Der neue Erste Bürgermeister schwächt in dem Senat die Umwelt und beruft keine Migranten
HAMBURG taz | Der große Verlierer der Hamburg-Wahl könnte die Umwelt sein. Zur Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt will der Erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) seine Weggefährtin Jutta Blankau machen, bislang Bezirksleiterin der IG Metall Küste. Damit ist der Anspruch des Gewerkschaftsflügels in der Hamburger SPD befriedigt. Allerdings war vermutet worden, dass die Gewerkschafts-Genossen in den Bereichen Arbeit und Soziales bedacht würden, die Scholz analog der von ihm mitkonzipierten Hartz-IV-Reform in einem Ressort bündeln wird. Leiten soll es ein echter Experte: Scholz’ früherer Staatssekretär im Bundesabeitsministerium Detlef Scheele.
Von Blankau ist hingegen wenig bekannt, was sie zur Umweltsenatorin prädestinieren würde – außer vielleicht, dass die IG Metall Küste stramm auf Anti-Atom-Kurs liegt. Ansonsten muss die Gewerkschafterin den Konflikt zwischen Arbeitsmarkterfordernissen und Umweltschutz austragen.
Nicht gerade gestärkt hat Scholz ihre Position durch den Ressortzuschnitt: Der Verbraucherschutz wird zwar aus der Sozialbehörde herausgelöst, aber nicht etwa der Umweltbehörde, sondern einer neu zu schaffenden Gesundheitsbehörde zugeschlagen. Und den Bereich Verkehr hat Scholz dem Umweltressort weggenommen und Blankaus designiertem Gegenspieler im Senat zugeschlagen: dem parteilosen Wirtschaftssenator Frank Horch, der noch vor wenigen Wochen als Handelskammer-Präses keine Gelegenheit ausgelassen hat, gegen Umweltzone und Citymaut zu stänkern.
Mit der frühen Festlegung auf den auch von der CDU umworbenen Horch hatte Scholz im Wahlkampf klar gemacht, dass unter seiner Ägide der Primat der Wirtschaft gelten würde. Und das klingt auch aus seinen lobenden Worten über Blankau heraus: Erfahrung mit Umweltthemen beziehe sie aus ihrer Arbeit in Aufsichtsräten großer Unternehmen. In der IG Metall Küste habe sie viel mit Windkraft zu tun gehabt. „Hamburg hat die große Chance, die Ingenieurstadt zu sein, die dem Klimawandel wirksam entgegentritt“, so Scholz, und Blankau habe die dafür nötige „Führungskraft“. Umweltschutz als Wirtschaftsförderung.
Interessant ist auch eine Nicht-Personalie: Der taz hatte Scholz im Dezember gesagt, in Hamburg sei die Zeit für Migranten in der Regierung „längst gekommen“. Gefunden hat er offenbar keine geeigneten. Was auch Pech ist: Die talentierte Aydan Özoguz ließ ihrem Ehemann Michael Neumann den Vortritt, der Innensenator werden soll. Das andere Polit-Talent der Elb-SPD hieß Bülent Ciftlik. Der wurde am Dienstag verhaftet. Wegen elf verschiedener Tatvorwürfe, darunter der Fälschung von Wahlunterlagen. JAN KAHLCKE