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Archiv-Artikel

Sehr deutsch eben

KUNST Immer komplex und schwierig: der Berliner Himmel in Öl

Von CLP

Wie der Himmel über Berlin aussieht, ist leicht herauszufinden: Einfach mal ans Fenster treten. Es lohnt sich – nicht immer liegt das Ding wie grauer Filz auf den Dächern, oft schmückt es sich mit Wolkenbergen, Kondensstreifen oder Wildgänsen.

Aber was sieht der Künstler? Wie sieht Berlins Himmel in Öl auf Leinwand aus? Zwei Ausstellungsbesuche sollen eine erste Antwort geben.

Beginnen wir mit den Klassikern: In der Alten Nationalgalerie auf der Museumsinsel hängt so mancher Berliner Himmel aus dem 19. Jahrhundert. Ganz groß: Franz Krügers „Parade auf dem Opernplatz“ von 1830 (3,75 x 2,49 m). Während Preußens Reiter an der Neuen Wache vorbeitraben – „Pferde-Krüger“ nannte man den Maler ob seines Lieblingssujets –, quillt der Sommerhimmel, der die ganze obere Hälfte einnimmt, mit dunklen Wolken zu. Vielleicht gewittert es gleich. Einige Tiere scheuen.

Heraufziehendes Wetter zeigt auch „Die Granitschale im Berliner Lustgarten“ von Johann Erdmann Hummel. Über dem alten Dom hängen düstere Wattebäusche im Zartblauen. Während Hummel die berühmte Schale fast fotorealistisch gelungen ist (damals spiegelte sie, so sorgfältig war sie poliert), wirken die Wolken plump und ausgedacht.

Der Sturm ist schon da

Das Motiv des Dräuenden ist aber auch hier angelegt. Adolph Menzel hat es weitergeführt. Im „Park des Prinzen Albrecht“ von 1846 spielt eine Wolkenfront die Hauptrolle, ein Grau, ein Weiß, ein letztes Blau ballen sich über den Pappeln, in die gleich der Wind fahren wird. Auf Menzels Tableau von 1871, „Abreise König Wilhelms I. zur Armee“ ist der Sturm schon da: in Form des Deutsch-Französischen Krieges und ganz real Unter den Linden, über die Wilhelms Kutsche rollt und wo der staubbeladene Wind die schwarz-weiß-roten Flaggen zu Würsten gerollt hat.

Nie jedoch ist der Berliner Himmel blank und aufgeräumt, immer hat er etwas Komplexes, Schwieriges. Kein Vergleich mit den romanischen Himmeln der Nachbarsäle, Renoirs fluffigem Türkis oder dem metallischen Blau, das über Monets „Saint-Germain-l’Auxerrois“ leuchtet.

Springen wir in die Gegenwart: Eine Retrospektive des Werks von Matthias Koeppel (*1937) ist noch bis 28. September im Ephraim-Palais zu sehen.

Koeppel setzt seit den 70ern gesellschaftliche Sujets ironisch in Szene, die nationale Besoffenheit bei der Maueröffnung oder die Beschränktheit der Mächtigen – bis hin zu dem Bild, das einen kleinen Hartmut Mehdorn mit großem Feuerwehrhelm vor der BER-Fassade zeigt.

Mit Gesichtern und Perspektive hat Koeppel es nicht so, aber seine Himmel sind prächtig: exuberante Wolkenlandschaften in allen Schattierungen zwischen Orange und Dunkellila, mal hoch, mal drückend niedrig, aber immer symbolschwanger: sehr deutsch eben. CLP

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