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Ruderer Laschet

Gestern noch modern, heute wieder Nostalgiker: Landesfamilienminister kehrt zurück auf CDU-Kurs

Der nordrhein-westfälische Familienminister Armin Laschet (CDU) wirkt derzeit wie ein Ruderer in den reißenden Wassern seiner Partei. Laschets Problem: Für eine moderne Familienpolitik musste er häufig gegen den Strom rudern. Etwa, als er vor kurzem die staatlichen Betreuungsangebote für Kinder vehement gegen NostalgikerInnen wie Eva Herman verteidigte. Offenbar sind ihm unterwegs die Arme müde geworden. Nun lässt sich Laschet treiben und warnt in treuer CDU-Manier vor zu viel Einmischung des Staates in die Kinderbetreuung. „Durch die Rhetorik der großen Koalition ist der fatale Eindruck entstanden, als seien Kinder nur in staatlicher Betreuung optimal versorgt“ und die Krippenbetreuung „das allein Seligmachende“, sagte Laschet der Zeitung Die Welt (Donnerstagsausgabe).

Natürlich unterstütze er die Pläne von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU), die frühkindliche Betreuung auszubauen. Gleichzeitig warne er aber davor, allzu „staatsgläubig“ zu denken. Als parteipolitisches Manöver wirken die Äußerungen auch, weil sich der Familienminister klar von den Modellen der SozialdemokratInnen abgrenzte: „Dort wird immer noch fest geglaubt, dass der Staat es besser kann als die Eltern“.

Der Ausbau von Krippenplätzen, eine höhere Quote von erwerbstätigen Frauen: plötzlich alles neumodischer Kram? Die Eltern werden verwirrt den Kopf schütteln, kündigt Laschet doch gleichzeitig an, das Land NRW wolle seine Krippenplätze für unter Dreijährige bis 2008 auf 32.000 verdoppeln. Auch sein Chef Jürgen Rüttgers (CDU) hatte sich zu Beginn dieser Woche auf die Seite von der Leyens geschlagen: Die gesellschaftliche Wirklichkeit zeige leider, dass dies für viele Kinder aus nicht intakten Familien die bessere Lösung sei. Hier wird eine fortschrittliche frühkindliche Betreuung plötzlich zum Notnagel verzweifelter Familien abgestuft. ExpertInnen hatten außerdem die doppelte Anzahl an Plätzen gefordert.

Kein Wunder also, dass nun auch der 46-jährige Laschet einen Rückzieher macht und statt klarer Aussagen herumeiert: Wahlfreiheit ja, eine ausreichende Ausstattung mit Krippen lieber nicht. Mehr Bildung und Betreuung für Kleinkinder ja, aber nur, wenn die „familiennah“ stattfindet, wie es Laschet in den neuen „Familienzentren“ plant. Alles weitere könnte konservative WählerInnenstimmen kosten.

MORITZ SCHRÖDER

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