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Archiv-Artikel

„Man soll neugierig sein“

Hendrik Thoma ist einer von zwei Master-Sommeliers in Deutschland. Er pflegt den Weinkeller des Hotels Louis C. Jacob in der Elbchaussee und erschließt dessen Gästen eine Welt von Aromen

INTERVIEW GERNOT KNÖDLER

taz: Herr Thoma, Sie sind einer der bedeutendsten Weinfachleute Deutschlands. Ist Ihnen das in die Wiege gelegt worden?

Hendrik Thoma: Nein. Ich bin in einem protestantischen Umfeld aufgewachsen. Bei uns zu Hause wurde Rosé d‘Anjou und Matheus Rosé getrunken. Aber meine Eltern hatten einen Freund, der Weinliebhaber war. Da habe ich die ersten Bekanntschaften mit guten Weinen gemacht. Zurückzugehen ist dann echt schwer.

Warum haben Sie Koch gelernt?

Ich hatte schon in der Schule Spaß am Kochen und habe das auch für meine Mutter gemacht. Kochen ist der Hauch von Freiheit. Es ist ein Mannschaftssport, man muss schwitzen und hat unmögliche Arbeitszeiten. Man ist ein bisschen Rebell. Und es ist unglaublich befriedigend, weil man direkt Anerkennung bekommt.

Kann man die überhaupt noch genießen, wenn man bis spät abends arbeitet?

Durchaus. Wir sitzen oft noch in der Kantine und probieren was: ein, zwei Gläser, oft mit jungen Kollegen. Es ist schön, zu sehen, wie die reagieren, welchen Spaß die daran haben.

Während Ihrer Ausbildung: Was war da Ihr Schlüsselerlebnis in puncto Wein?

Am Anfang wusste ich immer alles besser, wenn ich ein Glas Wein in die Hand kriegte. Ich war ein unglaublicher Angeber. Ich stamme aus einem Dorf in Westfalen. Da gab es zwei passionierte Weinliebhaber in einem Gasthaus, wo ich ausgeholfen habe. Die haben mich bei ihren Spielchen mitmachen lassen. Es wurde blind serviert und die anderen mussten raten. Ich habe stets danebengeraten.

Sie haben ja eine große Karriere gemacht. Verfügen Sie über eine spezielle Begabung?

Ich lerne immer wieder Leute kennen, die besser verkosten können als ich, vor allem Ladies. Mein Talent ist, dass ich mir Dinge gut merken kann.

Gibt es eine goldene Regel bei der Weinauswahl?

Um es mit Saint-Exupéry zu sagen: „Man sieht nur mit dem Herzen gut.“ Man sollte dem eigenen Geschmack trauen, trotzdem aber neugierig sein und keine voreiligen Schlüsse ziehen. Weinkauf ist eine persönliche Sache, bei der es auf Beratung ankommt. Man braucht keine Angst haben, sich zu offenbaren.

Ihr Tipp für die Messe?

Deutscher Wein ist immer noch ein Thema. Vergangenes Jahr fand ich Evangelos Gerovassilou toll. Der machte einen Chardonnay ohne den üblichen Ikea-Sperrholz-Geschmack.