Schweigen ist weise

Der MSV Duisburg nähert sich mit leisen Tönen der ersten Liga. Heute kommt Verfolger Rostock in die MSV-Arena

DUISBURG taz ■ Walter Hellmich wirkt in diesen Tagen zumeist kurz angebunden. Mikrophone meidet der Präsident des Fußball-Zweitligisten MSV Duisburg, obwohl seine Mannschaft sich auf Aufstiegskurs befindet. Von einem „kleinen Schritt in die richtige Richtung“, spricht Hellmich derzeit. Noch vor zwei Jahren, als die Duisburger erstmals unter seiner Regie in die Bundesliga aufstiegen, plauderte er von internationalen Ambitionen und prahlte, dass nicht nur die MSV-Arena Champions-League-Niveau habe. Als der MSV schließlich herbe enttäuschte und als abgeschlagenes Schlusslicht wieder abstieg, wurden Hellmich alle seine Sprüche geradezu um die Ohren gepfeffert.

Mittlerweile scheint der 61-jährige Bauunternehmer geläutert. Dass seine „Zebras“ seit nunmehr 16 Punktspielen ungeschlagen sind und drei Zähler Vorsprung auf den Viertplatzierten 1. FC Kaiserslautern haben, mag Hellmich nicht kommentieren. „Dazu sage ich nichts, sonst lehne ich mich wieder zu weit aus dem Fenster“, meint er und lässt lieber die Mannschaft für sich sprechen.

Vor dem heutigen Spitzenspiel gegen den Drittplatzierten Hansa Rostock könnte allerdings eine Grippewelle für Probleme sorgen. Sechs Spieler sind angeschlagen. Vor allem der drohende Ausfall von Spielmacher Youssef Mokthari tut weh. Dazu fehlt weiterhin Torhüter Georg Koch mit einem Muskelfaserriss. „Die Situation bereitet mir schon etwas Kopfzerbrechen“, sagte MSV-Trainer Rudi Bommer. Dennoch glaubt er an sein Team.

Während in der 2. Liga das große Interesse Christoph Daums trainierten Kölnern gilt und der MSV selbst im Unterhaus zunächst eher farblos daherkam, mauserten sich die taubengrauen Duisburger zu einem echten Aufstiegsfavoriten. Rudi Bommer, der das Amt erst zu dieser Saison übernahm, schaffte es, nicht nur 13 Neuzugänge zu integrieren. Vor allem gelang es dem 49-jährigen Ex-Profi, der einst 417 Bundesligaspiele absolvierte, unter anderem drei Mal den DFB-Pokal gewann und legendäre Europacupspiele mit Düsseldorf und Uerdingen bestritt, aus einer disharmonischen Truppe, eine Einheit zu formen.

Häufig gab es während der Hinrunde Reibereien im Team, sogar von Schlägereien wurde gehört, doch auf dem Rasen funktioniert die Mannschaft. „Wir sind alle zusammengewachsen und haben durch unsere kleine Serie auch das nötige Selbstvertrauen“, sagt Björn Schlicke, der zum Kapitän aufstieg, weil Hellmich Vorgänger Georg Koch im Januar entmachtet hatte. Angeblich soll sich der emotionale Keeper auf einer Weihnachtsfeier daneben benommen haben, auch von Beschwerden aus dem Kreis der Mannschaft wegen Kochs zu harscher Kritik an Mitspielern war die Rede. „So etwas wirft uns nicht um“, sagt Bommer.

Es ist eine Mannschaft der Gescheiterten, die sich anschickt, wieder in die Bundesliga zurück zu kehren. Mokhtari und Schlicke wurden zuletzt beim 1. FC Köln weggeschickt, Stürmer Mohammadou Idrissiou von Hannover 96 in Schimpf und Schande davongejagt, Markus Daun kam in Nürnberg nicht mehr klar. Die Liste ließe sich fortsetzen, doch Bommer hat kein Problem damit, als schwierig geltende Charaktere zusammen zu führen. Viel lieber erzählt der Coach, der noch nie ein Bundesliga-Team trainierte und bei dem drei Stürmer auch auswärts zum Pflichtprogramm zählen, dass er als Erster aufsteigen wolle. „Wenn ich den dritten Platz als Ziel ausgebe, werden wir nur Vierter“, meint Bommer. Die kommenden Partien gegen Rostock und Freiburg sieht er als richtungsweisend an: „Danach sind wir vielleicht schon Erster“, sagt Bommer schmunzelnd. Dann wird vielleicht auch Walter Hellmich wieder etwas redseliger. ROLAND LEROI