: Heranpritschen an die Spitzenreiter
Die Volleyballer des SC Charlottenburg haben eine furiose Aufholjagd hingelegt. Nach einem verpatzten Saisonanfang stehen die Chancen gut, im Bundesligaendspurt sogar noch Platz drei zu belegen. Hoher Sieg im Lokalderby
Nach der Krise kam erst der Spaß – und jetzt endlich auch der Erfolg. Gerade noch rechtzeitig zum Ende der Volleyballbundesliga-Saison scheint der SC Charlottenburg den sportlichen Abwärtstrend überwunden zu haben. Am Samstag gewann das Team von Coach Michael Warm das Auswärtsspiel bei den Netzhoppers Königs Wusterhausen fast ohne sichtbare Anstrengung mit 3:0 Sätzen (25:17; 25:18; 25:20). Kaum mehr als eine Stunde benötigten die Berliner für diesen überaus deutlichen Gastspielerfolg beim Aufsteiger aus Brandenburg. „Jetzt endlich haben wir uns stabilisiert. Wenn wir weiter so konsequent erfolgsorientiert spielen, dann ist im Bundesligaendspurt noch vieles möglich“, erklärte der sichtlich zufriedene Coach nach dem ungleichen Nachbarschaftsduell.
Noch vier Matchs haben die Charlottenburger in der Liga auszutragen. Dabei geht es um eine möglichst günstige Ausgangsposition für die sich in fünf Wochen anschließenden Play-off-Spiele um die Meisterschaft. Die ersten beiden Ränge sind durch die beiden Übermannschaften des deutschen Volleyballs, Evivo Düren und VfB Friedrichshafen, sicher besetzt. Daran können die Berliner nun nicht mehr rütteln.
Aber, die Chancen, den TSV Unterhaching vom dritten Platz zu verdrängen, stehen gut. Vor allem deshalb, weil sich beide Teams noch zum direkten Duell treffen. Derzeit gelten die Charlottenburger sogar als Favorit. Ein unerwarteter Auswärtserfolg beim Meister aus Friedrichshafen brachte den Charlottenburgern eine Menge Selbstvertrauen und verlorene Spielstärke zurück.
Abschied vom Mittelmaß
Gerade zur rechten Zeit. Denn zum Jahreswechsel schien der Volleyballtraditionsverein aus Charlottenburg im Mittelmaß zu versinken. Manager Kaweh Niroomand versuchte zwar mit allen Mitteln, diese Zustandsbeschreibung zu vermeiden, und sprach lieber von einem „Zyklus von Auf und Ab“. Doch auch dahinter verbarg sich nicht weniger als eine ernste sportliche Krise. Der Verein hatte in elf Spielen vier Niederlagen einstecken müssen, rangierte zwischen Tabellenplatz vier und sechs und scheiterte im Pokal-Halbfinale zu Hause fast kläglich gegen den Moerser SC.
Die Mannschaft steckte in einer Umbruchsphase und schien nicht in der Lage, diese meistern zu können. Insgesamt sechs Spieler hatten den Verein im Sommer vergangenen Jahres verlassen. Besonders der Weggang des Kapitäns und ehemaligen Nationalspielers Marco Liefke, den es in die Zweite italienische Liga nach Taviano zog, war zu Saisonbeginn kaum zu kompensieren. Der neu verpflichtete Serbe Jovan Vukanovic überzeugte auf dieser Schlüsselposition kaum. Bis zum Winter machte die Mannschaft regelrecht schlapp, spielte uninspiriert und emotionslos. „Und wir hatten es nicht einmal richtig gemerkt“, erinnert sich Trainer Warm an diese düsteren Zeiten.
Dabei schien sich nur ein dauerhafter Abwärtstrend fortzusetzen. Nach den Meisterschaften der Jahre 2003 und 2004 folgte für den SCC nur ein dritter und ein vierter Platz in den beiden vergangenen Spielzeiten. Und in dieser Saison durfte man kaum mehr erwarten – so sah es jedenfalls bis zum Jahreswechsel aus. Mittelmaß eben – und man begann sich schon fast, dort einzurichten
Deshalb überrascht der aktuelle sportliche Aufschwung umso mehr. Seit Januar verloren die Berliner nur ein Match in der Bundesliga. „Nach der Pokalniederlage gegen Moers arbeiteten wir einfach von Spiel zu Spiel. Über die großen Ziele haben wir nicht mehr geredet. Wir wollten wieder den Spaß am Spiel finden“, macht Coach Warm die Gründe für den Aufschwung aus. Und so sprießen sie schon wieder, die Hoffnungen auf eine große, erfolgreiche Volleyballzukunft in Berlin.
Die Strukturen dafür sind längst geschaffen. Der Etat des Berliner Bundesligisten wurde auf 750.000 Euro pro Saison hochgeschraubt. „Es gibt kaum ein professionelleres Umfeld in einem deutschen Volleyballverein“, erklärt Manager Niroomand glücklich. TORSTEN HASELBAUER