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Archiv-Artikel

Rosenterror kann künftig strafbar sein

Bundestag beschließt Gesetz gegen Stalking. Unerwünschte Nachstellungen werden mit bis zu drei Jahren Haft bestraft

FREIBURG taz ■ Wer einmal Rosen bringt, ist ein Kavalier, wer aber täglich unerwünscht mit Blumen vor der Tür steht, ist ein Stalker. Der Bundestag hat gestern erstmals das Stalking, also das beharrliche Nachstellen, ausdrücklich unter Strafe gestellt. Es drohen bis zu 3 Jahre Haft, und wird das Opfer in den Tod getrieben, sogar bis zu 10 Jahren.

Bestraft wird künftig, wer die Lebensgestaltung einer Person „schwerwiegend beeinträchtigt“, indem er ständig ihre Nähe sucht, anruft, Waren liefern lässt oder sie bedroht. Und weil Stalker immer neue Angriffsformen finden, um ihr Opfer zu belästigen, sind auch „andere vergleichbare Handlungen“ strafbar. Linkspartei und Grüne lehnten diese Auffangklausel als „zu unbestimmt“ ab. „Wer hätte vor ein paar Jahren gedacht, dass es SMS-Stalking geben würde“, argumentierte hingegen Justizministerin Brigitte Zypries (SPD).

Die meisten Stalking-Vorfälle finden im sozialen Nahbereich statt. Nur gelegentlich sind Filmstars oder Sportler betroffen. In der Hälfte aller Fälle ist ein ehemaliger Partner der Täter, 80 Prozent der Opfer sind Frauen, ergab eine Anhörung des Bundestags. Fast die Hälfte aller Stalking-Opfer braucht ärztliche oder psychologische Hilfe.

Wer sich jedoch bisher an die Polizei wandte, wurde meist nicht ernst genommen. Viele Beamte sehen die Nachstellung nicht als strafwürdiges Unrecht, sondern als privaten Konflikt. Nach Auffassung der Abgeordneten von SPD, Union und Grünen lag dies auch daran, dass es im Strafgesetzbuch keinen eigenen Tatbestand gegen Stalking gab. Explizit strafbar waren nur massive Angriffe wie Körperverletzungen oder Beleidigungen, nicht aber das tägliche Verfolgen oder nächtlicher Telefonterror.

Eine 2002 eingeführte Anti-Stalking-Regelung im Gewaltschutzgesetz hat sich nach Ansicht der Parlamentarier nicht bewährt. Danach konnte ein Opfer beharrlicher Nachstellungen ein zivilrechtliches Kontaktverbot beantragen. Wenn der Stalker gegen dieses Verbot verstieß, machte er sich strafbar. Das sorgte zwar für klare Verhältnisse, die Abgeordneten hielten es jedoch für unzumutbar, dass ein Opfer erst vor Gericht gehen muss, bevor der Schutz des Strafrechts eingreift. Doch auch der neue Tatbestand „Nachstellung“ sieht vor, dass ein Täter „nur auf Antrag“ des Opfers verfolgt wird.

Neu eingeführt wird auf Wunsch der Länder außerdem eine „Deeskalationshaft“. Ein Stalker kann inhaftiert werden, wenn dem Opfer der Tod oder schwere Gesundheitsschädigungen drohen. Diese Präventivhaft, die von Grünen und Linken gestern abgelehnt wurde, kann bis zum Ende der Gefahr oder zur gerichtlichen Verurteilung vollzogen werden. FDP und Grüne forderten schließlich eine Klausel, die verhindern soll, dass künftig hartnäckige Journalisten als „Stalker“ kriminalisiert werden. CHRISTIAN RATH