Wenig zu lachen

VON KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

„Frauen sind auch Menschen.“ Dieser Feststellung von Bundeskanzlerin Angela Merkel wollte gestern im saarländischen Mettlach noch nicht einmal der polnische Präsident Lech Kaczyński widersprechen. Auf dem als „Weimarer Dreieck“ bekannt gewordenen Gipfeltreffen Deutschlands, Polens und Frankreichs beantwortete Merkel damit eine Journalistenfrage nach ihrer Bewertung der neuen sozialistischen Spitzenkandidatin für die Präsidentschaftswahlen in Frankreich. Und auch Staatspräsidenten Chirac lächelte breit.

Viel zu lachen gab es ansonsten wohl eher nicht im „Roten Saal“ der ehemaligen Benediktinerabtei, in dem zum Mittagessen erst gegen 14.30 Uhr ganz bestimmt keine „Horige“, eine saarländische Kartoffelspezialität, serviert wurden. Das deutsch-polnische Verhältnis gilt als gespannt, seitdem Kaczyński vermutlich als Reaktion auf die in der taz erschienene Satire „Polens neue Kartoffel“ im Juli ein Treffen des Weimarer Dreiecks abgesagt hatte.

Und während die Kanzlerin und Chirac gestern auf fast allen angesprochenen Politikfeldern ein hohes Maß an Übereinstimmung signalisierten, stand Kaczyński zu seiner schon im Vorfeld des Gipfels demonstrierten Minderheitsmeinung. Moskau müsse umgehend seinen Boykott von Fleisch aus Polen aufheben; ansonsten bleibe es beim Veto der polnischen Regierung gegen die Aufnahme von Verhandlungen über ein neues Kooperationsabkommen mit Moskau.

Den latenten Streit über die Ostseepipeline von Russland ins deutsche Greifswald nannte Kaczyński dann allerdings überraschend ein „bilaterales Problem“ zwischen Deutschland und Polen. Chirac wollte dann dazu auch nichts weiter sagen.

Als „beunruhigend“ (Merkel und Chirac) bis „sehr beunruhigend“ (Kaczyński) werteten die drei Politiker die mutmaßlich politisch motivierten Morde an russischen Staatsbürgern in Russland und auch im Ausland. Der polnische Präsident erklärte dazu, dass Russland auf dem Weg zu einem demokratisch verfassten Gemeinwesen noch eine weite Strecke zu gehen habe.

Wenig Übereinstimmung zwischen Merkel und Chirac auf der einen und Kaczyński auf der anderen Seite auch beim Dauerthema EU-Beitritt der Türkei. Denn während Merkel und Chirac einem türkischen Beitritt zur Europäischen Union eher skeptisch gegenüberstehen und die Verhandlungen teilweise aussetzen wollen, wiederholte der polnische Präsident in Mettlach mehrfach seine Forderung nach auflagenfreier Fortsetzung der Gespräche. Polen sei ein ausgesprochen guter Freund der Türkei, so Kaczyński.

Einig zeigten sich die zwei Präsidenten und die eine Kanzlerin, als es dann um ein Assoziierungsabkommen der EU mit der Ukraine ging. Ein solches Abkommen, so Kaczyński, müsse der „europäischen Bestimmung der Ukraine“ entsprechen. Allerdings müsse die gute Ostpolitik der EU von einer erfolgreichen Südpolitik – und da war wieder der Beitritt der Türkei gemeint – ergänzt werden. Beim späten Lunch werde man auch darüber noch einmal reden; und auch über die Energiepolitik der Gemeinschaft.

Verständigt haben sich die Deutsche, der Franzose und der Pole dann noch auf die Schaffung einer gemeinsamen Brigade für Auslandseinsätze aller Art. Bis 2012 soll die Truppe stehen. Schon jetzt schließlich würden deutsche, französische und polnische Soldaten gemeinsam in vielen Teilen der Welt für Frieden sorgen: im Libanon, im Kongo und in Afghanistan.

Da war dann der öffentlich Teil des Dreiergipfels beendet. Von Frankreich her brach die Sonne durch die finsteren Wolken; die Temperaturen waren ohnehin frühlingshaft. Und Präsident Kaczyński sprach freundlich nach allen Seiten Einladungen nach Polen aus.