Goldener Löffel im Arsch

Heute erscheint das Debüt von Monrose. Nie gehört? Kein Wunder: Das bei der fünften „Popstars“-Staffel gecastete Trio zeichnet sich vor allem durch das aus, was man „Migrationshintergrund“ nennt

VON DANIEL BAX

Seit das weibliche Gesangstrio Monrose aus der fünften, im November beendeten „Popstars“-Staffel hervorgegangen ist, läuft die Vermarktungsmaschinerie auf Hochtouren. In den letzten Tagen waren Senna, Mandy und Bahar bereits bei Stefan Raab und Johannes B. Kerner zu Gast, am vergangenen Samstag sind sie zum umjubelten Finale in der Charts-Show „The Dome“ aufgetreten. Am gleichen Tag erschien ihre erste Single „Shame“. Heute folgt das gemeinsame Album, womit es gerade noch rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft in den Läden steht.

Casting multiethnisch

Monrose wurden bewusst als reine Girlsband konzipiert, um die Nachfolge der No Angels anzutreten: Die bislang erfolgreichste deutsche Retortenband entsprang vor sechs Jahren der allerersten „Popstars“-Runde auf Pro7. Schon die No Angels und auch spätere Casting-Formationen wie Bro’sis oder Preluders waren recht multiethnisch zusammengesetzt, doch bislang war das nie wirklich ein Thema für die Medien. Bei Monrose ist das nun ein wenig anders: Nicht nur, weil alle drei einen „Migrationshintergrund“ aufweisen, wie man heute so schön sagt – die 26-jährige Senna Gammour ist marokkanischer Herkunft, die 16-jährige Mandy Capristo ist Halbitalienerin und die Eltern der 18-jährigen Bahar Kizil stammen aus der Türkei. Letztere nannte Monrose auch schon „ein Zeichen dafür, dass Araber und Türken sich auch mit Christen gut verstehen könnten“.

Mit den dreien ist auch ein wenig Multikulti-Realität von der Straße in die aseptisch saubere Welt der Castingshows eingezogen. Das liegt vor allem an Senna, die hörbar in der Frankfurter Vorstadt aufgewachsen ist und nicht nur als Älteste im Trio den Ton angibt, sondern mit ihrem losen Mundwerk auch für das meiste Aufsehen sorgt. „Wir sind alle nicht mit einem goldenen Löffel im Arsch aufgewachsen“, so klingt ein typischer Senna-Satz. Die „Popstars“-Jury um Nina Hagen und Tanzwurst Detlef „D!“ Soost nannte sie diplomatisch „eine Frau, an der sich die Meinungen spalten“ und wählte sie trotzdem – oder bewusst deshalb – ins Sieger-Trio.

Kopftuch erwünscht

Als sie im Finale als Siegerin feststand, stürmte Sennas ganze Familie auf die Bühne, wobei deutlich wurde, dass Mutter und Tante ein Kopftuch tragen. Mit ihren Äußerungen zum Islam hat Senna nun selbst eine kleine Kopftuch-Debatte losgetreten. „Ich finde es wunderschön, wenn meine muslimischen Schwestern da draußen ein Kopftuch tragen“, bekannte sie in einem Interview und behauptete sogar, selbst einmal ihre Haare bedecken zu wollen, „wenn die Zeit reif ist und Allah das will“. Das dürfte nicht nur Alice Schwarzer missfallen – auch in deutsch-türkischen oder deutsch-marokkanischen Internetportalen wie „Vaybee“ oder „maroczone“ sorgte sie damit für Diskussionen: Ein guter Muslim dürfe nicht mit seiner Religion protzen, schreiben die einen. Die anderen meinen, das sei alles nur eine Werbemasche. Und wieder andere finden, türkische Mädchen könnten sich eine Scheibe von der Deutscharaberin abschneiden.

Auch, dass sich die drei geweigert haben sollen, sich für ein Männermagazin auszuziehen, spricht für ein gewisses Selbstbewusstsein – das wiederum müsste Alice Schwarzer eigentlich gefallen. Trotzdem dürfte wohl auch Monrose kaum eine längere Lebensdauer beschieden sein als anderen Casting-Bands vor ihnen. Das liegt vor allem an der lieblosen Pop-Dutzendware, mit der sie ausgestattet wurden, und an den langweiligen Melodien, die selbst bei mehrmaligem Hören partout nicht in Erinnerung bleiben wollen.

Vielleicht sollte man mal eine Castingshow für angehende Popkomponisten organisieren?