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Archiv-Artikel

Qualmfrei reisen in allen Zügen

Das Kabinett winkt strengere Regelungen zum Nichtraucherschutz durch. Raucherabteile in Zügen aber wären nach wie vor erlaubt. Doch Bahnchef Mehdorn plant, was die Regierung sich nicht traut: Er will das Rauchen in sämtlichen Zügen verbieten

Grünen-Politikerin Höfken: „Es muss Schluss sein mit den Pseudoaktivitäten“

AUS BERLIN GEORG LÖWISCH

Die Bahn setzt Raucher auf Entzug. Obwohl ein gestern vom Bundeskabinett beschlossener Gesetzentwurf noch Raucherabteile ermöglichen würde, will Bahnchef Hartmut Mehdorn in allen Zügen den Qualm ächten.

Dass Gesetz zwinge ihn zu einer Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereichen, die er nur durch getrennte Waggons erzielen könne, ließ Mehdorn gestern erklären. Das könne er nicht einheitlich umsetzen. Mehdorn, ein Nichtraucher, hat schon jetzt das Rauchen im Zug stark eingeschränkt. Zum Oktober 2006 ließ er die Aschenbecher aus den Bordbistros räumen. In Fernverkehrszügen duldete er bisher ein kleines Kontingent für Raucher.

An dem Gesetzentwurf wurde gestern nach Regierungsangaben nichts Wesentliches verändert: Rauchverbot soll in Taxen, Bussen, Flugzeugen und auf Fähren gelten. Schon bisher gab es in den meisten Verkehrsmitteln zumindest Teilverbote. Rauchfrei werden auch Behörden, Gerichte und Stiftungen des Bundes, jedoch können „gesonderte“ Raucherräume eingerichtet werden. In Kasernen dürfen Soldaten in Wohn- und Schlafräumen rauchen. Tabak darf nicht an Minderjährige verkauft werden. Die Arbeitsstättenverordnung wird verschärft, aber nicht so weit, dass der Qualm aus Gaststätten verbannt wäre. Das will der Bund die Länder regeln lassen.

Bundesbeamte und Passagiere, die sich trotz des Verbots eine anzünden, müssen ein Bußgeld zwischen 5 und 1.000 Euro bezahlen. Dagegen haben Behördenchefs oder Verkehrsunternehmen nichts zu befürchten, wenn sie das Verbot nicht umsetzen. Händlern, die Tabak an Minderjährige verkaufen, droht ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro. Die Regeln sollen zum 1. September 2007 in Kraft treten. Tabakhändler haben bis Juli 2009 Zeit, die Zigarettenautomaten umzurüsten. Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) nannte den Beschluss einen „Riesensprung nach vorne“. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sagte: „Wir haben auf Bundesebene geregelt, was wir regeln können.“ Dies bestritt die Chefin des Bundestagsausschusses für Verbraucherschutz, Ulrike Höfken (Grüne): Was Bund und Länder beim Nichtraucherschutz produzierten, sei „alles Asche“. Sie sagte der taz: „Es muss endlich Schluss sein mit den Pseudoaktivitäten, mit denen die Bevölkerung und der Bundestag an der Nase herumgeführt werden.“ Der Gesetzentwurf wird nun in den Bundestag eingebracht.