Günthners schwarz-roter Vorstoß

JUSTIZ Justizsenator Günthner und Innensenator Mäurer (beide SPD) wollen Angriffe auf Polizisten stärker ahnden lassen. Der grüne Koalitionspartner war nicht eingeweiht und reagiert „zurückhaltend“

„Es gibt keine Strafbarkeitslücken und somit keinen Handlungsbedarf. Der Widerstandsparagraf dient in erster Linie der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols“

ROLF GÖSSNER, PARTEILOSER INNEDEPUTIERTER DER LINKSFRAKTION

Wenig Begeisterung herrscht bei der Fraktion der Grünen über den Vorstoß von Justizsenator Martin Günthner (SPD) hinsichtlich einer Strafverschärfung bei Angriffen gegen PolizistInnen und Rettungskräfte. Am Samstag hatte Günthner eine baldige Initiative für den Bundesrat angekündigt: „Wer Polizisten angreift, muss am Ende mit Gefängnis bestraft werden“, hatte Günthner der Presse erklärt.

„Wir haben davon erst aus der Zeitung erfahren“, sagte dazu nun der grüne Fraktionsgeschäftsführer Felix Holefleisch. Weil der SPD-Senator Günthner dem Koalitionspartner noch nichts zur Abstimmung vorgelegt habe, könne man das Vorhaben auch nicht konkreter kommentieren. Generell sehe man Strafverschärfungen kritisch, man sei daher „zurückhaltend“. „Es ist richtig, dass man sich um Leute sorgt und die schützt, die in der Gesellschaft wichtige Aufgaben übernehmen“, so Holefleisch.

Justizressort-Sprecher Thomas Ehmke sagte, Günthner werde nach der Sommerpause ein Eckpunkte-Papier mit Details vorlegen und sich dazu mit Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) abstimmen. Anlass seien die Ausschreitungen in Bremen-Vegesack nach dem Finale der Fußball-WM. Verschärft oder ergänzt werden soll der Strafrechtsparagraf 113 für „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“. Denn: „Für eine Widerstandshandlung gegen einen Polizisten ist keine Mindeststrafe vorgesehen“, so Ehmke. Weiterhin würde ein Angriff nur geahndet, wenn er wegen einer „Vollstreckungshandlung“ erfolge, Angriffe auf Polizisten „aus dem nichts“ würden dabei nicht erfasst. In Vegesack seien Leute auf einen Streifenwagen losgegangen, ermittelt würde aber wegen „Sachbeschädigung wichtiger Arbeitsmittel“ und nicht, weil sich die Gewalt gegen Repräsentanten des Staates wendete. „Es geht darum, dass bei einer solchen Tat das spezifische Unrecht möglicherweise in der Strafhöhe, nicht aber im Schuldspruch zum Ausdruck kommt“, so Ehmke. Mit anderen Worten: Tätern blühen zwar (harte) Strafen, juristisch gesehen aber nicht genau dafür, dass sie Polizisten angriffen.

Rolf Gössner, parteiloser Innendeputierter der Linkspartei, sieht eben darin „nur Symbolpolitik“. „Es gibt keine Strafbarkeitslücken und somit auch keinen Handlungsbedarf“. Der Widerstandsparagraf diene nicht dazu, Beamte individuell zu schützen, „sondern in erster Linie der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols“. Studien zeigten, dass die meisten Gewalttaten gegen Polizisten aus Affekt, unter Drogen und Alkoholeinfluss oder bei Einsätzen wegen häuslicher Gewalt passierten. Hier würden sich Täter durch höhere Strafen kaum abschrecken lassen. Ablehnung kommt auch von den Jusos, die Günthners Vorschlag als „Law-and-Order-Populismus“ bezeichneten.

Begrüßt wird die Forderung hingegen von der Gewerkschaft der Polizei. Das Strafgesetzbuch sei „dringend ergänzungsbedürftig“, erklärte GdP-Landesvorsitzender Jochen Kopelke. Wohlwollend auch die CDU-Fraktion: Deren innenpolitischer Sprecher Wilhelm Hinners bezeichnete den Vorstoß mit Verweis auf eine gestiegene Gewalt gegen Polizisten als „überfällig“.  jpb