vor ort : KATHARINA HEIMEIER über ein geisterhaftes Lokalradio im Kreis Heinsberg
Welle West, der Radiosender für den Kreis Heinsberg, ist ein Phantom: Er hat keine Redaktion, keinen Chefredakteur und im Impressum steht ein Postfach in Heinsberg. Aber man kann ihn hören. Auf den UKW-Frequenzen 98,3 MHz und 87,8 MHz gibt es lokales Wetter, lokale Verkehrs-Infos und Beiträge zu lokalen Themen – produziert allerdings werden die Beiträge für den Kreis Heinsberg seit August beim rund 100 Kilometer Radio NRW in Oberhausen.
Eine Konstruktion, die nur mit einer Sondergenehmigung der Landesanstalt für Medien (LfM) NRW funktioniert. Damit kann Radio NRW, das normalerweise das Rahmenprogramm für die Lokalsender übernimmt, rund um die Uhr für den westlichsten Kreis Deutschlands im Niemandsland zwischen dem Rheinland und den Niederlanden senden. Allerdings mussten sich die Heinsberger, die ihre Freizeit ohnehin nicht daheim, sondern lieber an der holländischen See verbringen, mit einer abgespeckten Version von Welle West begnügen und auf den Bürgerfunk verzichten, zu dem die Lokalradios eigentlich verpflichtet sind. Sehr zum Ärger des Dachverbandes gemeinnütziger Rundfunkvereine und aktiver Hörer in NRW, dem IGR NRW. Dessen stellvertretender Vorsitzender Rainer Stach berichtet, dass Radio NRW mit technischen Problemen argumentiere – „die Praxis in der Vergangenheit zeigte aber, dass es kein technisches Hindernis gibt.“ Er ist sich sicher: „Man will nur nicht.“
Während Radio NRW in den laufenden Betrieb einstieg, begann die für das Programm verantwortliche Veranstaltergemeinschaft vor Ort mit der Suche nach einem neuen Partner für die Finanzen. Bis heute ohne Erfolg. „Wir sind weiter auf der Suche nach einer Betriebsgesellschaft“, sagt Dieter Meurer. Er ist Vorsitzender der Veranstaltergemeinschaft – und zuversichtlich, wie er nicht zu betonen müde wird. Wie es zur Aufkündigung des Vertrages mit der früheren Betriebsgesellschaft kam, will er nicht sagen. Nur so viel: Es sei im Moment eine schwierige Situation, aber er sei guter Dinge.
Viel Zeit hat er nicht mehr. Die letzten Tage von Welle West sind gezählt. Ursprünglich hatte die LfM sogar daran gedacht, ein Widerrufsverfahren einzuleiten und die Lizenz zurückzuholen. Doch: „Das wäre eine Verschwendung der Ressourcen gewesen“, sagt Sprecher Peter Widlok. Vergangene Woche hat die LfM hat deshalb beschlossen, die Sendelizenz am 15. Mai schlichtweg auslaufen zu lassen. Die Gründe für das Scheitern des Senders sind für Widlok klar: Der Kreis habe wenige Einwohner und auf dem Land sei die Frequenzsituation ungünstiger als in der Großstadt. Theoretisch könne es sein, dass sich bis Mai eine Betreibergesellschaft finde. „Aber ich kann mir schlecht vorstellen, dass die jetzt wie Phoenix aus der Asche steigt“, sagt Widlok. Er rechnet mit einer anderen Variante: „Wahrscheinlich wird der Kreis Heinsberg ein weißer Fleck.“
Einen Trost immerhin gibt es für die Heinsberger: Sie sind nicht die einzigen, die auf ein eigenes Lokalradio verzichten müssen. Im Kreis Olpe gab es noch nie eins.