: Der Fastenprediger in Stoibers Stadl
Was für ein Job! Politikern mal so richtig die Meinung geigen, dabei eine Maß Starkbier in der Hand – und die Gelackmeierten direkt vor der Nase. Die klopfen sich lauthals lachend auf die Schenkel, schließlich halten die Fernsehkameras ja voll drauf. Klingt absurd, findet am Münchner Nockherberg, Sitz einer bekannten Brauerei, aber schon seit 1891 statt und nennt sich Starkbierprobe. Derjenige, der Politikern und anderen Personen des öffentlichen Lebens den Spiegel vorhalten darf, heißt Fastenprediger oder Derblecker, abgeleitet von „die Zähne blecken“. Der Münchner Jakob Geis gilt als Erfinder, ihm folgten Berühmtheiten wie der Roider Jackl, Walter Sedlmayr oder zuletzt Bruno Jonas nach. In diese gewaltigen Fußstapfen haben sie nun einen eher kleinen Mann gesteckt: Ugur Bagislayici aus Hengersberg, besser bekannt unter seinem Künstlernamen: Django Asül.
Am Donnerstag um halb zwölf wird fast das gesamte bayerische Kabinett am Starkbiertisch sitzen. Als Nicht-CSUler trauen sich Kurt Beck, Sigmar Gabriel, Guido Westerwelle, Claudia Roth und Reinhard Bütikofer nach Bayern. Die Kanzlerin hat abgesagt. Auch ohne sie wird Asül genug Spottstoff haben. Mit 34 ist er der bislang jüngste Redner beim Salvatoranstich. Seit zehn Jahren steht der gelernte Bankkaufmann und Extennislehrer auf der Bühne, nachdem er in Berlin Matthias Beltz gesehen und zum Vorbild erkoren hatte.
Schon im ersten Bühnenjahr gewann er fünf Preise. Fernsehauftritte folgten: „7 Tage, 7 Köpfe“, „Quatsch Comedy Club“, „Ottis Schlachthof“, auch bei Harald Schmidt war Asül zu Gast. Als Fußballexperte ist er auf Antenne Bayern zu hören, im ZDF zu sehen und in Abendzeitung, Kicker und Donaukurier zu lesen. Mit seinem aktuellen Programm „Hardliner“ tourt der Vielspieler auch durch die Nachbarländer. Wobei aktuell relativ ist: Es ist erst sein drittes Programm in zehn Jahren. Aber warum ständig neue schreiben, wenn die alten noch gefragt sind? Für die Fastenpredigt hat er sich tatsächlich ein paar bühnenfreie Abende gegönnt. Zwar wird er das Resthaar wie immer mönchig kurz tragen, auf die Kutte aber der Tradition zum Trotz verzichten, dickköpfig wie Niederbayern nun mal sind. Der Gastarbeitersohn besitzt als Letzter in der Familie noch den türkischen Pass.
Die Erwartungen sind riesig. Schließlich tritt Asül das Erbe von Bruno Jonas an, und der hat aufgehört, weil „ich’s besser nicht mehr machen kann“. OB Christian Ude, selbst ein veritabler Kabarettist, sieht den neuen Derblecker aus einem anderen Grund vor einer schweren Aufgabe: „Das Possenspiel der bayerischen Politik kann man satirisch kaum übertreffen.“ THOMAS BECKER
Ugur Bagislayici, besser bekannt als Django Asül, hat eine schwere Aufgabe: Beim diesjährigen Starkbieranstich ist es an ihm, das Possenspiel der bayerischen Politik satirisch zu toppen FOTO: PROMO