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Archiv-Artikel

Ein kategorisches Jein

BUNDESREGIERUNG Koalition denkt laut über Aufrüstung der Kurden nach. Einigung steht bevor

BERLIN taz | Die Bundesregierung könnte noch in dieser Woche entscheiden, ob Deutschland Waffen an die Kurden im Nordirak liefert. Martin Schäfer, Sprecher des Außenministeriums, sagte am Montag, er gehe von einer Verständigung in den nächsten Tagen aus. Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sprach von einer möglichen Einigung. Am Mittwochvormittag tagt in Berlin das Bundeskabinett, theoretisch ist eine Einigung dann schon möglich.

Am späten Montagnachmittag hatten von der Leyen und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) im Bundestag die zuständigen Ausschüsse über die Lage im Irak informiert. Anschließend betonte die Verteidigungsministerin noch einmal, zu Waffenlieferungen prinzipiell bereit zu sein. „Wir schließen nichts aus“, sagte sie. Die offene Diskussion über das Thema lobte sie: „Man muss erst einmal das Tabu brechen, darüber nicht nachzudenken.“ Noch vor zwei Wochen hatte die Bundesregierung kategorisch ausgeschlossen, den kurdischen Truppen Waffen zu liefern. Inzwischen schließen neben von der Leyen aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Steinmeier Rüstungshilfen nicht mehr aus.

In den Regierungsfraktionen bleibt das Thema dagegen weiterhin umstritten. „Mal eben Waffen liefern und dann war’s das, das löst nicht das Problem“, sagte Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Es sei bisher unklar, an wen genau Waffen geliefert werden sollen und was das militärische Ziel sei. Diese Fragen müssten geklärt werden, erst dann ergebe eine Entscheidung Sinn. Auch die Opposition warnt vor möglichen Gefahren: Die Waffen könnten über kurz oder lang in die falschen Hände geraten, sagte Agnieszka Brugger, Grünen-Obfrau im Verteidigungsausschuss.

Im Irak setzen derweil irakische und kurdische Truppen den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) fort. Unterstützt von US-Luftangriffen hatten sie am Montag einen Staudamm in der Nähe der Großstadt Mossul zurückerobert. Ein herber Rückschlag für die Milizen: Die Talsperre versorgte besetzte Städte mit Strom und diente zugleich als Druckmittel. Die Miliz hätte mit einer Sprengung eine Flutwelle verursachen können.

Am Dienstag gingen die Kämpfe an anderer Stelle weiter: In und außerhalb der besetzten Stadt Tikrit, rund 130 Kilometer nördlich von Bagdad, beschossen sich Soldaten der irakischen Armee und IS-Kämpfer. Nach wie vor sind die islamistischen Milizen stellenweise überlegen: Sie verfügen über modernes Kriegsgerät aus amerikanischer Herstellung, das sie nach ersten Siegen über die irakische Armee erobern konnten. TOBIAS SCHULZE