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Archiv-Artikel

Erbarmungswürdiges Bahnnetz

betr.: „Aussicht auf Bummelzüge“, taz vom 27. 2. 07

Zu diesem Thema kann ich aus eigener Praxis als gelernter Lokführer einiges erzählen. Insbesondere das Nebenbahnnetz befindet sich in Mecklenburg-Vorpommern in einem erbarmungswürdigen Zustand! Das Unkraut wuchert im Gleis und an den Böschungen, so dass die Entwässerung nicht mehr funktioniert und immer mehr Senkstellen im Gleis entstehen. Die damit verbundenen Langsamfahrstellen bleiben über Jahre bestehen! Die Schienen sind oft bis über das Grenzmaß abgefahren, Schienenbrüche werden nur notdürftig verlascht, aber trotzdem weiter befahren. Viele Brücken weisen erhebliche Mängel auf, wurden schon seit Jahren nicht mehr mit Rostschutz behandelt. Zahlreiche Schwellen sind beschädigt.

Laut Anweisung in den Oberbauvorschriften muss auf Hauptstrecken nur jede 3., auf Nebenstrecken gar nur jede 5. Schwelle unbeschädigt und fest mit den Schienen verbunden sein! Viele handbediente Weichen lassen sich nur mit erheblichem Kraftaufwand umstellen, da sie nur noch sporadisch gewartet werden. Viele Stellwerke sind marode. Da der Bewuchs in den Böschungen der Bahndämme kaum noch zurückgeschnitten wird, sind etliche Signale und Bahnübergänge für den Lokführer schwer einsehbar. Auch die Untersuchungsfristen der Fahrzeuge werden immer weiter verlängert und bis auf den letzten Tag ausgefahren, obwohl oft gravierende Mängel in den Betriebsbüchern durch das Bahnpersonal eingetragen wurden. Hinweise von der „Basis“ werden vom Management arrogant übergangen. Es ist wirklich erstaunlich, was wir, die Bahner, unter diesen Bedingungen leisten müssen! SVEN THUROW, Grimmen