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„Es geht nicht nur um Betreuung“

DR. GERD LANDSBERG, geb. 1952, ist seit Januar 1998 geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Zuvor arbeitete er als Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.

taz: Herr Landsberg, wie viele Krippenplätze fehlen, um jedem Kind einen Platz zu garantieren?

Gerd Landsberg: Frau von der Leyen hat gesagt, wir brauchen jetzt 500.000 zusätzliche Plätze, damit am Ende 750.000 Plätze herauskommen. Wir gehen davon aus, dass dies zu wenig ist. Wenn man einen Rechtsanspruch einführen würde, hätten fast 40 Prozent der Eltern das Anrecht auf einen Krippenplatz. Unsere Berechnungen haben ergeben, dass dann sogar 897.000 Plätze fehlen würden.

Wie hoch wären die dabei zusätzlich entstehenden Kosten?

Bei insgesamt 897.000 Krippenplätzen entstünden Kosten von rund 6,8 Milliarden Euro jährlich. Kommt dann noch das erklärte politische Ziel der Kostenfreiheit hinzu, erhöht sich diese Summe auf insgesamt 9,5 Milliarden Euro pro Jahr.

Nach Ihrer Einschätzung gibt es ebenso Mängel in der Infrastruktur der Kindertagesstätten. Was fehlt konkret?

Es fehlt eine Qualitätsoffensive bei der Ausbildung der Erzieher. Das beginnt damit, dass wir vor allem in Großstädten in großem Umfang Kinder mit Migrationshintergrund haben. Das sind häufig die späteren Schulabbrecher oder Schulversager und die Personen, die bei der Berufsausbildung scheitern. Wenn wir da nachhaltig etwas verändern wollen, müssen wir mit dem Spracherwerb bereits im Kindergarten beginnen.

Wie müsste das Personal solcher Kitas qualifiziert sein?

Es geht eigentlich nicht immer nur um Betreuung, sondern es geht um Bildung. Das heißt, wir brauchen eine viel stärkere Vernetzung zwischen Kindergärten und Grundschulen. In Schweden gibt es eine gemeinsame Grundausbildung für Erzieher – ganz egal, ob sie jetzt später Lehrer werden, in eine pädagogische Einrichtung gehen oder Erzieher werden. Diese gemeinsame Grundausbildung fördert natürlich die Vernetzung untereinander.

Wie viele zusätzliche Erzieher in den Kitas fehlen denn wirklich?

Wir haben jetzt ungefähr 250.000 Erzieher. Wenn es 500.000 zusätzliche Krippenplätze gibt, braucht man dafür ungefähr 50.000 neue Erzieher. Das Verhältnis in einer normalen Gruppe ist 20 zu 2 – wobei das für unter Dreijährige auch schon ein bisschen knapp ist. Die brauchen mehr Betreuung als ein dreijähriges Kind.

Wie unterscheidet sich eine optimale Kita von den aktuellen Kitas?

Wir müssen in vielen Einrichtungen – nicht in allen – in die baulichen Substanzen investieren und verbessern. Außerdem müssen wir auch die ErzieherInnen weiterqualifizieren, die schon im Beruf sind.

INTERVIEW: TIEMO RINK

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