: In der Warteschleife
AUSBILDUNG Schulsenator Ties Rabe lobt das Konzept der Ausbildungsvorbereitung. Trotzdem sah die Situation für Jugendliche ohne Lehrstelle nicht immer rosig aus
Hamburg führt eine Statistik über den Verbleib der Schulabgänger.
■ 2012 begannen von 5.307 Abgängern 1.338 eine Ausbildung, 2.054 begannen eine Ausbildungsvorbereitung (AV) und 1.915 begannen sonstige Maßnahmen wie Freiwilligendienste oder teilqualifizierende Berufsschulen.
■ 2013 gab es nur 3.731 Abgänger, weil mehr in der 10. Klasse blieben. 1.443 begannen eine Ausbildung, 1.455 eine AV und 833 begannen sonstige Maßnahmen.
■ 2013 begannen von den 1.995 AV-Schülern 810 eine Ausbildung und 135 eine Beschäftigung. Von den übrigen AV-Schülern gingen 90 weiter zur Schule, 363 begannen eine andere Berufsvorbereitung und 482 waren bei der Jugendberufsagentur in Beratung. 115 nahmen die Beratung nicht in Anspruch.
VON KAIJA KUTTER
Am heutigen Freitag beginnt auch für jene die Berufsschule, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Rainer Schulz, Leiter des Hamburger Instituts für Berufliche Bildung (HIBB), rechnet mit rund 2.000 noch schulpflichtigen Jugendlichen, die eine „Ausbildungsvorbereitung“, kurz AV, beginnen. Sie sind drei Tage in einem Praktikum in Betrieben, und zwei in der Berufsschule. Mit Glück finden sie so eine Lehrstelle.
Dieses Konzept habe sich bewährt, sagt Schulsenator Ties Rabe (SPD). Seit 2011 wurden schrittweise die Berufsvorbereitungsklassen und die teilqualifizierenden Berufsfachschulen abgewickelt, in denen früher Schulabgänger strandeten, die keinen Ausbildungsplatz gefunden hatten. Stattdessen gibt es nun „Ausbildungsvorbereitung“ für die Übrig-Gebliebenen. Laut Rabe hätten 47 Prozent aller Schüler, die nach der Schule ohne Ausbildungsplatz waren, dank AV binnen eines Jahres eine Ausbildung oder Beschäftigung gefunden. In absoluten Zahlen sind dies 945.
Die Zahl bezieht sich auf die Schulabgänger des Jahres 2012. Aber ganz so rosig, wie Rabe sagt, sah die Situation nicht aus: 2012 fanden von insgesamt 5.307 Abgängern der Stadtteilschulen nach Klasse 10 nur gerade mal ein Viertel (1.338) eine Lehrstelle. Von den verbliebenen 75 Prozent ging nur die Hälfte in die Ausbildungsvorbereitung. Die übrigen knapp 2.000 Schüler gingen auf die damals noch existierenden teilqualifizierenden Berufsfachschulen, zum Bund oder in andere Maßnahmen. Die Masse der nicht optimal Versorgten war also größer.
Früher hätte es in den „Warteschleifen“ immer nur ganz magere Übergangsquoten in eine Lehre gegeben, sagte Rabe. Zwischen acht und 15 Prozent habe die gelegen. Genau erhoben sei das nicht.
Einen zweiten Erfolg sieht Rabe darin, dass das „Übergangssystem“ insgesamt radikal verkleinert wurde. Waren dort im Schuljahr 2007/08 noch 6.327 Schüler, so ist diese Zahl im Schuljahr 2013/14 auf nur noch 2.691 gesunken.
Die Schulpolitikerin Dora Heyenn (Die Linke) sieht in diesem Vergleich einen „Taschenspielertrick“: Das Schuljahr 2013/14 hatte einen statistischen Sondereffekt, weil erstmals auch fast alle Hauptschüler in der 10. Klasse blieben, statt nach Klasse neun abzugehen. „Die Warteschleife wurde in die Schule verlagert“, sagt Heyenn.
Ob das so ist, wird die neue Verbleibsstatistik des Abgangsjahrs 2014 zeigen. Die soll im Herbst kommen. Derzeit gibt die Behörde nicht einmal die Zahl der Schulabgänger heraus.
Heyenn kritisiert, dass der Senat zu wenig staatliche Ausbildungsplätze schaffe. Das Übergangssystem bleibe im neuen Gewand erhalten. Und auch die Grünen mahnen an, die SPD müsse die versprochene Ausbildungsgarantie endlich einlösen.
Handelskammer-Chef Hans-Jörg Schmidt-Trenz mahnt, das Positive zu sehen. „Wir wollen allen Jugendlichen ein Angebot machen. Vor ein paar Jahren haben wir das nicht gesagt.“
DGB-Nord-Vize Ingo Schlüter kritisiert zwar, dass die Wirtschaft zu wenig Lehrstellen stelle, lobt aber zugleich die Hamburger Reform. Es sei sehr positiv, dass Hamburg sich überhaupt um den Verbleib aller Jugendlichen kümmert. Davon seien andere Länder „Lichtjahre entfernt“.