: Eine Handvoll Geld
Der Sport ist abhängig von den Einnahmen aus dem Glücksspiel – Wasserballer genauso wie Honorartrainer
BERLIN taz ■ Jens Binder ist Schwimmtrainer. Er arbeitet in Berlin für verschiedene Vereine als Honorarkraft. Viel verdient er damit nicht. „Manchmal ist es so wenig, dass man kaum überleben kann, und manchmal reicht es, um die Miete zu bezahlen“, sagt er. Bezahlt wird er von den Vereinen, die ihn engagieren. Diese beantragen Gelder beim Schwimmverband in Berlin. Der wiederum kann das Geld für die Honorartrainer beim Landessportbund (LSB) beantragen. Mit 12,50 Euro pro Stunde kann ein Honorartrainer vom LSB gefördert werden. Der Landessportbund bestreitet den Großteil seiner Ausgaben mit Einnahmen aus dem staatlich organisierten Glücksspiel. 9,5 Millionen Euro waren das im vergangenen Jahr. Ein Gutteil des Geldes stammt aus den Überschüssen des staatlichen Sportwettenanbieters Oddset. Mit Sorge betrachtet man deshalb beim LSB die Diskussionen um eine mögliche Aufhebung des staatlichen Monopols bei der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten.
Schon in den vergangenen Jahren seien die Beträge, die von der Deutschen Klassenlotterie Berlin an den Sport in der Hauptstadt gezahlt wurden, immer geringer geworden. Um gut zwei Prozent sind die Einnahmen 2006 im Vergleich zu denen des Vorjahres gesunken, berichtet Nedim Bayat, der beim LSB für das Referat Finanzen zuständig ist. Dass die Einnahmen sinken, liegt seiner Meinung nach auch am nach wie vor starken Auftritt privater Wettanbieter auf dem Berliner Markt. Die ziehen mit ihren horrenden Quoten Kunden von den staatlichen Anbietern ab. Eine schnelle Neuregelung des Wettmarktes, der dem Sport weiterhin Einnahmen auf hohem Niveau sichert, ist für Bayat unabdingbar. Wenn die Basisarbeit nicht mehr gewährleistet werden könne, habe das „auch Konsequenzen für die Erfolge bei Olympia“.
Noch sei der LSB, so Bayat, in der Lage, sein Geld zielgerichtet unter den Mitgliedsverbänden zu verteilen. Sollte in Zukunft weniger eingenommen werden, drohe ein Wettbewerb der verschiedenen Sportarten um die Fördergelder. „Wir wollen die Solidargemeinschaft des Sports erhalten“, betont Bayat. Das viel besungene Ehrenamt allein könne die kontinuierliche Trainingsarbeit nicht sicherstellen. „Ein ehrenamtlicher Trainer hat vielleicht zwei Stunden in der Woche Zeit, sich mit dem Nachwuchs zu beschäftigen.“ Zu wenig.
Bayat erläutert, dass auch der Spitzensport in Berlin ohne konstant hohe Einnahmen aus dem Glücksspielmarkt nicht überlebensfähig wäre. Der deutsche Rekordmeister im Wasserball, die Wasserfreunde Spandau 04, könnte sein Niveau ebenso wenig halten wie der dreifache deutsche Volleyballmeister SCC Berlin, die Fördergelder für Trainingsmaßnahmen oder Fahrtkostenzuschüsse erhalten. Auch in den Sporthaushalt des Landes Berlin werden Lottomittel eingestellt. Die kommen auch den Landesleistungszentren für den Kanu- und Rudersport, den Modernen Fünfkampf, den Segelsport zugute. Der Sport in Berlin ist abhängig vom Glücksspiel, er lebt vom Monopol. Jens Binder genauso wie der Wasserballmeister. ANDREAS RÜTTENAUER