: Umstrittene Partnerschaften
Heute berät die EU mit Staaten aus Afrika, der Karibik und dem Pazifik über die zukünftigen Handelsbeziehungen. Kritiker fürchten Liberalisierung und fordern mehr Zeit
BERLIN taz ■ Es ist ein Thema mit vielen Abkürzungen, aber großer Bedeutung: Heute und morgen beraten die Entwicklungsminister der EU zusammen mit den sogenannten AKP-Staaten – dahinter verbergen sich die ehemaligen europäischen Kolonien in Afrika, der Karibik und dem pazifischen Raum – über neue EPAs (Economic Partnership Agreements, zu Deutsch: Wirtschaftspartnerschaftsabkommen). Bisher haben die 77 AKP-Staaten aus historischen Gründen einen bevorzugten, zollfreien Zugang zu den Märkten der EU. Diese Sonderbehandlung hat die Welthandelsorganisation (WTO) für unzulässig erklärt.
Bis Ende dieses Jahres will die EU ihre Wirtschaftsbeziehungen zu den ehemaligen Kolonien darum auf eine neue Grundlage stellen, die sogenannten EPAs. Diese Wirtschaftspartnerschaftsabkommen sollen „eine gerechte Teilhabe der Entwicklungsländer am globalen Handel eröffnen“, erklärte Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit, vor den heutigen Beratungen. Dabei will die EU zunächst die Schaffung regionaler Märkte in den AKP-Staaten finanziell unterstützen. Über einen längeren Zeitraum soll dann der Handel liberalisiert werden. Dabei, so der Plan, müssen die AKP-Staaten ihre Märkte nicht im gleichen Umfang öffnen wie die EU.
Entwicklungspolitische Organisationen aus der ganzen Welt beobachten die Verhandlungen mit großer Skepsis. Denn der freie Handel zwischen den extrem ungleichen Partnern könne massive Probleme mit sich bringen, sagt Alexandra Burmann von Brot für die Welt: „Eine gegenseitige Marktöffnung würde vor allem zu Lasten von Bauern und Kleinproduzenten in den AKP-Ländern gehen.“ Die ärmeren Länder wären dem direkten Wettbewerb mit der hoch subventionierten EU-Landwirtschaft nicht gewachsen. Zudem würden sie mit den Importzöllen eine wichtige Einnahmequelle verlieren.
Daneben befürchten die Kritiker, dass die die EU in den Verhandlungen weitere Themen durchsetzen will: Die umstrittene Liberalisierung von Dienstleistungen, die bei der WTO unter dem Stichwort Gats verhandelt wurde, tauche nun in den EPAs wieder auf, kritisiert Corinna Heinecke von Oxfam Deutschland. Ebenso die bei der WTO gescheiterte Forderung nach besonderem Schutz für Investitionen westlicher Konzerne.
Mehr als 200 Organisationen, die sich im Bündnis EPA2007 zusammengeschlossen haben, fordern nun, den Zeitdruck aus den Verhandlungen herauszunehmen. „Um zu verhindern, dass die EU ihre Ziele im Stil einer Dampfwalze durchsetzt, müssen die Verhandlungen über das Jahresende hinaus fortgesetzt werden“, fordert Klaus Schilder von der Organisation Weed.
Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul weist die Kritik zurück. „Investitionen und größere Märkte haben für die Länder positive Auswirkungen“, sagte sie der taz. Allerdings wolle sie den Wünschen der AKP-Staaten „sehr genau zuhören“ und sich dafür einsetzen, dass die EPAs „entwicklungsfreundlich ausgestaltet“ werden und eine „Review-Klausel“ enthalten. Damit sollen die Auswirkungen der Abkommen analysiert und diese dann gegebenenfalls angepasst werden. Allerdings sei ihr Einfluss begrenzt, sagte Wieczorek-Zeul: „Die Verhandlungen führt EU-Kommissar Peter Mandelson.“
Diese Zurückhaltung stößt bei Klaus Schilder auf Unverständnis. „Wir erleben eine unglaubliche Doppelzüngigkeit: Die Regierungen sprechen von Entwicklung, doch die EU-Kommission fährt einen harten Liberalisierungskurs.“ Die Bundesregierung könnte durch den derzeitigen EU-Vorsitz großen Einfluss nehmen, so Schilder. „Doch Heidemarie Wieczorek-Zeul wird dieser Führungsrolle nicht gerecht.“ MALTE KREUTZFELDT