: Auf gefährlichem Terrain
MINEN Internationale Organisationen warnen vor Minen und Streumunition in Libyen
GENF taz | „Weite Teile Libyens sind durch Land-und Antipersonenminen, Streumunition verseucht“, warnte Valerie Amos, die Direktorin des UNO-Koordinationsbüros für humanitäre Hilfsmaßnahmen, am Mittwochabend. Es bestehe „dringender Bedarf für eine Informationskampagne zur Aufklärung der Bevölkerung vor den Gefahren“, sagte sie nach ihrer Rückkehr von einer einwöchigen Reise in das libysch-tunesische Grenzgebiet.
„Extrem besorgt“ äußerte sich auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz in einer in Genf veröffentlichten Presseerklärung. In allen „Regionen des Landes, in denen in den letzten Wochen Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Aufständischen stattgefunden“ hätten, sei er auf unexplodierte Minen und Streumunition sowie zerstörte gepanzerte Fahrzeuge oder Raketenwerfer mit ungesicherten Munitionsrückständen gestoßen, erklärte Srdjan Jovanovic nach einer Inspektionsreise durch Libyen. Gefahr gehe auch von zum Teil noch wohlgefüllten Waffen-und Munitionsdepots in den ostlibyschen Städten Adschdabija, Bengasi und Tobruk aus, die die Regierungstruppen bei ihrem Rückzug vor den Aufständischen aufgegeben hatten und zu denen seitdem Zivilisten ungehinderten Zugang haben.
Einige dieser Depots sind durch die Luftangriffe der Nato inzwischen explodiert, wodurch Munition stellenweise über weite Flächen verstreut wurde. Vertreter der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatten Ende März im Osten Libyens 26 von den Regierungstruppen aufgegebene Waffen-und Munitionsdepots inspiziert und dabei beobachtet, dass nicht nur aufständische Kämpfer, sondern auch Zivilisten ungehindert Zugang zu diesen Depots haben.
Neben Minen und Streumunition fanden die Beobachter von Human Rights Watch in den Depots Gewehre und andere Kleinwaffen, Artilleriegranaten sowie Raketen zur Bekämpfung von Panzern und Flugzeugen vor. Am 30. März hat Human Rights Watch erklärt, dass Regierungstruppen während ihrer Besetzung von Adschdabija zwischen dem 17. und 27. März dort Minen verlegt hätten. Die Organisation dokumentierte zudem drei Felder mit Antipersonen- und Fahrzeugminen, die die Regierungstruppen vor ihrem Abzug verlegt hatten, zum Teil in unmittelbarer Nähe zurückgelassener oder zerstörter Militärfahrzeuge.
In Bengasi, wo die Aufständischen ebenfalls die örtlichen Waffendepots der Gaddafi-Truppen unter ihre Kontrolle gebracht haben, verpflichteten sie sich gegenüber Human Rights Watch, die dort gelagerten Minen nicht einzusetzen.
Außerdem liegen in den Grenzgebieten zu Ägypten, Tunesien und dem Tschad noch Minen sowie Streu- und andere Munition aus dem Zweiten Weltkrieg und den bewaffneten Konflikten zwischen Libyen und diesen Nachbarländern. In Libyen sollen inzwischen 600.000 Menschen auf der Flucht sein.
ANDREAS ZUMACH