: „Durch die Zunahme von Naturkatastrophen steigt die Nachfrage“
Der Klimawandel erzeugt hohe Versicherungskosten. Die Münchener Rück stellt ihre Verträge daher auf zunehmende Wetterextreme um, sagt Experte Eberhard Faust
EBERHARD FAUST leitet bei der größten deutschen Rückversicherungsgesellschaft, der Münchener Rück, den Fachbereich Klimarisiken.
taz: Herr Faust, die Münchener Rück sichert Versicherungen gegen die Folgen des Klimawandels ab. Ein wachsender Markt?
Eberhard Faust: Wir befassen uns schon seit mehr als 30 Jahren mit dem Schadenspotenzial des Klimawandels. Für die Versicherungswirtschaft ist er also schon lange ein Thema.
Treibt Ihnen die aktuelle Diskussion auch neue Kundschaft in die Arme?
Langfristig gehen wir weltweit von einer höheren Nachfrage aus – durch die steigenden Versicherungswerte, aber auch wegen der erwarteten Zunahme der Naturkatastrophen durch den Klimawandel. Die diesbezüglichen Ergebnisse der jüngsten Studien, etwa des Weltklimarats, haben uns nicht sonderlich überrascht.
Der DIW-Bericht geht von zusätzlichen Versicherungskosten von 100 Milliarden Euro in den nächsten 50 Jahren aus. Das haben Sie also kommen sehen?
Insgesamt teilen wir die Einschätzung, dass der Klimawandel hohe Kosten verursacht und Investitionen in den Klimaschutz günstiger sind.
Auf welche Zahlungen stellt sich die Münchener Rück ein?
Das ist schwer einzuschätzen. In den vergangenen Jahrzehnten haben die durch starke Wetterextreme verursachten Schäden zugenommen. Die werden langfristig auch in Europa weiter steigen. Diese Risiken sichern wir weiterhin ab. Die einzige Bedingung ist, dass die Konditionen der sehr komplexen Verträge dem Risiko angemessen bleiben. Ist das nicht der Fall, dann verzichten wir auch mal auf das Geschäft.
Heißt das, Sie werden weniger Klimarisiken abdecken?
Die Abdeckung solcher Risiken gehört zu unserem Kerngeschäft. Der Klimawandel fließt aber in unsere Risikoeinschätzung ein. Wenn es beispielsweise um die Abdeckung von Hurrikanschäden geht, berücksichtigen wir in den Verträgen auch deren Häufigkeit in der Zukunft.
Welche Kosten fließen jetzt schon in Ihre Rechnung ein?
Sturm- und Überschwemmungsschäden haben zugenommen. Das zeigte zuletzt der Orkan „Kyrill“, auch wenn der nicht direkt für den Klimawandel steht. Da gehen wir von einem dreistelligen Millionenbetrag für uns aus.
Trotzdem hat die Münchener Rück vergangenes Jahr einen Rekordgewinn von 3,5 Milliarden Euro eingefahren. Eine positive Folge des Klimawandels?
Nein, das lag zum Teil an den geringen Schäden letztes Jahr. Wir sehen im Klimawandel aber nicht nur Risiken, sondern auch Chancen für neue Produkte. Wir haben etwa eine Bohrung für ein Geothermiekraftwerk bei München versichert und sind bei erneuerbaren Energien aktiv.
INTERVIEW: MORITZ SCHRÖDER