: Thema der Woche
Ist die Presse unabhängig und unbestechlich?
Sexistisch
betr.: „Ich kauf mir eine Zeitung“, taz vom 2. 4. 11
Dieser Artikel war sehr interessant und aufschlussreich. Allerdings sind die Illustrationen auf diesen Seiten von Felix Gephart, besonders die von Seite 21 und 23, unpassend sexistisch. Welche Fantasien sind denn da mit dem Zeichner durchgegangen? Warum sind bei diesem Artikel Frauen als Sexobjekte dargestellt? Zumal sich das nicht logisch aus dem Artikel ableiten lässt beziehungsweise ihn so nur absolut einseitig kommentiert.
Ich wünsche mir künftig eine sensiblere Illustrationsauswahl. Wenn ich so was sehen will, kann ich schließlich andere Zeitungen wählen.
MONIKA LAZAR, Leipzig
Betrug am Leser
betr.: „So käuflich ist die Presse“, taz vom 2. 4. 11
Die aufgedeckten Fälle kommen nicht überraschend. Denn auch wenn die meisten Verlagschefs bei Medienkongressen sich stets als angebliche Anhänger von Qualitätsjournalismus outen, spiegelt die Realität im deutschen Blätterwald ein ganz anderes Bild wieder. Wozu ebenfalls zählt, aus kommerziellen Interessen Inhalte und Werbung zu vermischen, was – gelinde gesagt – nichts anderes als Betrug am Leser bedeutet. Schließlich geht jener in der Regel davon aus, dass das, was er liest, ohne den Hintergedanken formuliert worden ist, mittels PR seine Meinung zu manipulieren.
RASMUS PH. HELT, Hamburg
Eine seltene Ausnahme
betr.: „Einfluss zu verkaufen“, online-taz vom 1. 4. 11
Ich finde es einerseits gut, dass die taz „Otto Normalleser“ auf diesen Missstand aufmerksam macht. Wer als Abonnent teils 300 Euro und mehr im Jahr für eine Tageszeitung bezahlt, sollte auch verlangen können, dass er nicht nur Schleichwerbung aufgetischt bekommt. Andererseits muss man sich vor Augen halten: In Deutschland arbeiten rund 14.000 Redakteure (fest angestellt) bei Tageszeitungen, rund 8.000 bei Zeitschriften. Hinzu kommen rund 40.000 freie Journalisten. Sie sind tätig unter anderem für rund 350 Tageszeitungen und mehr als 3.800 Fachzeitschriften. Sprich: Nur ein Bruchteil der Printmedien sind moralisch (relativ) „saubere“ Premiumtitel.
Ein Großteil der Verlage und Zeitschriften haben jedoch nicht die Marktposition, die es ihnen erlaubt, auf Anzeigenkunden keinerlei Rücksicht zu nehmen. Zahlreiche Fachzeitschriften sind zu 100 Prozent vom Anzeigengeschäft abhängig, weil die Anzahl der zahlenden Abonnenten oder Kioskkäufer verschwindend gering ist oder das Verlagskonzept auch gar keine Finanzierung des Titels durch Abos/Kiosk vorsieht.
Auch die großen Verlage betreiben neben ihren Premiumtiteln vielfach Fachzeitschriften mit massiver Einflussnahme der Anzeigenkunden. Ich heiße das moralisch nicht gut, aber die Alternative wäre eine um 95 Prozent reduzierte Presselandschaft. Darüber kann man diskutieren. Besonders heuchlerisch finde ich in Sachen Medien aber alle Moralapostel, die kostenlos online lesen, aber unabhängige Redaktionen erwarten. Der taz-Artikel zeigt: Dort, wo es den Verlagen nicht gut geht, nimmt die Einflussnahme durch Anzeigenkunden zu. Die taz selbst ist eine der seltenen Ausnahmen in der Medienlandschaft, deren Leser eine kritische, unabhängige Berichterstattung mit Abos und Genossenschaftsanteilen honorieren. flü, taz.de
Was sowieso alle wissen
betr.: „Einfluss zu verkaufen“, online-taz vom 1. 4. 11
Vorweg: Ich habe euch nicht zuletzt auch deswegen abonniert, weil ja bekannt ist, dass ihr sowieso kaum Anzeigen habt und damit eines der ganz wenigen deutschen Medien seid, die nicht der Einflussnahme der Werbeindustrie unterliegen. Außerdem seid ihr so ziemlich die Einzigen, die bei ihrer Medienberichterstattung nicht dem Prinzip „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“ unterliegen.
Den Artikel habe ich mit einem leichten Schmunzeln gelesen. Er klingt so wahnsinnig konspirativ und investigativ, dabei bestätigt er doch eigentlich nur etwas, was sowieso alle bereits wissen: Zeitungen und Zeitschriften können nur dann überleben, wenn sie möglichst viele Gelder der werbetreibenden Industrie vereinnahmen. Die Medien stecken in einer tiefen strukturellen Krise und sind damit natürlich unmoralischen Angeboten gegenüber ausgesprochen aufgeschlossen. Ihr solltet euren kleinen Versuch mal in der Zeitschriftenbranche starten, da werdet ihr noch viel interessantere Ergebnisse bekommen.
Wer heutzutage Medien konsumiert, die sich aus Werbung finanzieren, sollte eigentlich wissen, was ihn erwartet.
CRAGGAN, taz.de
Leser sind nicht dumm und naiv
betr.: „Ich kauf mir eine Zeitung“, sonntaz vom 2. 4. 11
Für wie dumm oder naiv haltet ihr eigentlich eure Leser? Ich und fast alle meine Freunde und Bekannten wissen, dass Reiseberichte nicht unabhängig und generell in irgendeiner Form gesponsert (wie die Beispiele aus der Zeit), wenn nicht gekauft sind. Sei es durch Einladungen, Sonderjournalistenpreise und/oder die Flasche „Begrüßungs“-Champagner im Hotelzimmer. Das Gleiche gilt doch auch für Auto-, Mode- und Restaurantartikel.
Glaubt zum Beispiel wirklich jemand, dass Siebeck für die Recherchen für seine Fress- und Saufberichte in der Zeit selbst aufkommt? Schließlich ist sein Bild so oft in der Zeitung, dass ihn auch der dümmste Küchenjunge erkennt. Oder der taz-Autor des Reiseberichts „Mit dem Bus von Freiburg nach Schanghai“ (vom 26./27. 2.) hat die 18.000 Euro aus eigener Tasche bezahlt?
Ehrlich gesagt, ist es mir auch wurscht, solange brauchbare Informationen rüberwachsen! Also nervt hier nicht mit der Mär der Trennung von Anzeigeninteressen und Artikeln. (siehe auch Anthroposophen-Thema). Noch mal: Um das zu glauben müsst ihr einen Dümmeren als mich suchen. Wie ein „lieber“ und „wohlmeinender“ Freund ergänzte: Aber den werdet ihr schwerlich finden. In diesem Sinne … LUTZ ARNOLD, Bad Mergentheim
Ihr blamiert euch selbst
betr.: „Ich kauf mir eine Zeitung“, sonntaz vom 2. 4. 11
Mit den reaktionären puritanischen propagandistischen Karikaturen und dem skandalisierenden „Undercover“-Touch blamiert ihr euch nur selbst. Dass Massenmedien dann demokratisch seien, wenn sie wie die taz die „Masse“ bedienen, gehört zur kulturindustriellen „Ideologie der Ideologie“ (Adorno).
Die taz kann aus eben jenem Grund nicht auf die jährlichen Waldorf-Schulen Werbebeilagen verzichten, in denen diese ganz redaktionskonform von AutorInnen über den grünen Klee gelobt werden und Kritik daran in Meinungsspalten verdrängt wird. Demokratisch ist ein Medium dann, wenn es etwas gegen seine ökonomische Bedingtheit wagt. Kritik an der esoterisch grünalternativen autoritären Leserschaft gehört ebenso dazu wie Kritik an Anzeigenkunden. Leider fokussiert ihr sehr auf Letztere und profiliert euch gegen etwas, was euch nicht wehtut, weil ihr, worauf ihr stolz seid, Leser bedient und nicht Anzeigenkunden. Über euer Rückgrat sagt das leider ebenso wenig aus wie über die Autonomie der Leserschaft.
FELIX RIEDEL, Marburg
Es geht ums Überleben
betr.: „Einfluss zu verkaufen“, online-taz vom 2. 4. 11
Wie man sieht, alles Blätter, die finanziell nicht gut dastehen, teilweise sogar ums Überleben kämpfen. Bei der Frankfurter Rundschau werden zum Beispiel gerade ein Viertel aller Mitarbeiter gefeuert, da man dieses Jahr ein Minus von 19 Millionen Euro eingefahren hat, zudem wird das einstmals stolze überregionale Blatt zu einer mickrigen Lokalzeitung zusammengeschrumpft, wie in der taz vom 2. 4. („Frankfurt heißt jetzt Berlin“) oder in der Süddeutschen („‚Frankfurter Rundschau‘ schrumpft zur Lokalzeitung“, 1. 4. 11 berichtet.
Es heißt doch immer „Das Fressen kommt vor der Moral.“ Hier bedeutet es wohl, dass man sich Moral erst dann leisten kann, wenn man überhaupt etwas zu fressen hat und nicht täglich mit einem Bein im Grab steht?
Ich will das auf keinen Fall gutheißen, stelle aber die Frage in den Raum, ob nicht viele andere sich genauso für das Fressen statt der Moral entschieden hätten, wenn man tatsächlich in der Situation wäre, dass es um ihr Überleben gegangen wäre? Mit vollem Magen lässt es sich eben bedeutend leichter über Dinge wie Moral reden.
Gerade deshalb finde ich es sehr wichtig, dass die taz finanziell abgesichert ist, und gerade deswegen finde ich es auch gut, dass die taz Geld mit Anzeigen verdient. macher, taz.de
Die taz wollte es wissen: Wie unabhängig sind die Medien von Werbeagenturen und Unternehmen wirklich? Bestimmen JournalistInnen tatsächlich, was in der Presse steht?
Unser Reporter Sebastian Heiser schlüpfte in eine falsche Identität, fuhr in der ganzen Republik zu Zeitungshäusern und recherchierte. Er gab sich als Vertreter einer Werbeagentur aus und erfuhr, dass einige Tageszeitungen Unternehmen anbieten, auf Themenwahl und Berichterstattung Einfluss zu nehmen. Wie das im Einzelnen geschehen sollte, hat er in der sonntaz vom 2./3. April in seinem Protokoll „Ich kauf mir eine Zeitung“ veröffentlicht. Einige unserer LeserInnen sind genervt, weil sie den Eindruck haben, die taz halte sie für dumm und naiv. Einige vermissen Rückgrat bei der taz oder finden LeserInnen heuchlerisch, die unabhängige Redaktionen erwarten, aber kostenlos online Zeitung lesen.