: Antworten auf Dohnanyi
Hamburg werde von Ole von Beust gut regiert, sagt Ex-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi, SPD. Die taz fragte einige in Sachfragen vertiefte Parlamentarier der Opposition, ob das auch stimmt
VON KAIJA KUTTER
Gemeiner geht’s kaum: Da hat die geschundene Hamburger SPD gerade mit Michael Naumann einen vorzeigbaren Kandidaten gewonnen, schon fährt ihr ein anderer Parteigrande in die Parade. „Wir werden gegenwärtig gut regiert vom Senat mit Ole von Beust, das muss man fairerweise sagen“, wurde Ex-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) in der FAZ zitiert. Die taz fragte Fachpolitiker, was sie Dohnanyi erwidern.
Weniger Wohnungen gebaut: „Menschen, die wenig verdienen, haben es schwerer, eine Bleibe zu finden“, warnt SPD-Wohnungsexperte Jan Quast. Denn unter Ole von Beust würden „viel zu wenig Wohnungen gebaut“. Nötig wären pro Jahr 6.000, es entstünden aber nur 4.000. Schlimm sei der Rückgang im Sozialwohnungsbau. Wurden zu SPD-Zeit zuletzt 1.200 im Jahr fertig, sind es heute nur noch 170. Quast: „Dabei fallen pro Jahr 6.000 aus der Sozialbindung.“ Von den heutigen 128.000 würden 2010 nur 110.000 bleiben.
Die Unis überfordert: „Dohnanyi lobt sich selbst, wenn er so etwas sagt“, findet die GAL-Hochschulpolitikerin Heike Opitz. Auf Grund der Expertise des Altbürgermeisters wurde in Hamburg ein Abbau von 15 Prozent der Studienplätze eingeleitet. Weil nicht weniger, sondern mehr Menschen studieren müssten, findet Opitz das schlecht. Ebenso wie die 500 Euro Studiengebühren, für die es nun einen Kredit mit bis zu 7,5 Prozent Zinsen gibt. Die Angst vor Schulden schrecke vom Studium ab.
Kahlschlag in der Arbeitsmarktpolitik: „Der CDU-Senat hat die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik seit 2001 auf ein Viertel gekürzt“, erinnert der SPD-Fachsprecher Hans-Christoff Dees. Von 100 Millionen Euro blieben nur 25 Millionen. Das sei eine „völlig falsche Richtung“, sagt Dees. In der gleichen Zeit sei die Zahl der Fälle gestiegen. Gab es damals rund 20.000 Langzeitarbeitslose, sind es heute 40.000. Zähle man die durch die Hartz-Reform hinzugekommene Gruppe der erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger hinzu, geben es sogar 70.000 Langzeitarbeitslose, „um die die Stadt sich kümmern muss“.
Frauenpolitik gibt es nicht mehr: „Die Antwort ist nein“, sagt die GAL-Abgeordnete Verena Lappe zu Dohnanyis Behauptung. „Es gibt in Hamburg keine Gleichstellungspolitik mehr. Es gibt nur noch Familienpolitik.“ Die einstige Infrastruktur an Frauenprojekten sei weg, in den ersten vier Jahren habe der CDU-Senat hier 20 Millionen Euro gekürzt, vor allem bei frauenspezifischer Arbeitsmarktförderung. Heute steige der Anteil erwerbsloser Frauen.
Umweltpolitik wegoperiert: „Ole von Beust hat die Umweltpolitik als Blinddarm betrachtet und wegoperiert“, sagt SPD-Umweltpolitikerin Monika Schaal. So wurde die Umweltbehörde aufgelöst. Wenn er jetzt plötzlich Klimaschutz zum Schwerpunkt mache, sei das wenig glaubwürdig: Gerade erst habe er im Haushalt die Fördermittel für „energetische Sanierung“ von Häusern um 20 Prozent gekürzt.
Kitas ausgedünnt: „Im Kita-Bereich wird die soziale Spaltung vergrößert“, sagt SPD-Jugendexpertin Andrea Hilgers. „In den armen Quartieren werden weniger Kinder als früher betreut“. So gebe es dort ein Drittel weniger Krippenplätze und ein Fünftel weniger Hortplätze als in den übrigen Vierteln. Auch wurde das Personal seit 2004 um 500 bis 600 Erzieherstellen ausgedünnt.
Politik der großen Klassen: „Unter Ole von Beust wurden mindestens 600 Lehrerstellen eingespart“, sagt SPD-Schulpolitiker Wilfried Bus. Die Folge sind große Klassen in allen Schulformen. Die jüngste Ankündigung, in Brennpunkten kleine 1. Klassen einführen, löse das Problem für die Schülermehrheit nicht.
Halbherzige Familienpolitik: „In der Familienpolitik wird vieles nur angekündigt und nicht gemacht“, sagte die Fachsprecherin Carola Veit (SPD). So seien von einem 2005 angekündigten 35-Punkte-Plan erst „fünf oder sechs“ umgesetzt. Für für immer wieder angekündigte Familienhebammen wurden am Ende nur mickrige 120.000 Euro bewilligt.
Das Tafelsilber verschleudert: „Der CDU-Senat hat weniger den Haushalt saniert als die Veräußerung von Vermögen in eine große Dynamik überführt“, sagt der SPD-Haushaltsexperte Walter Zuckerer. Der Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser sei zudem „das schlechteste Geschäft, das die Stadt je gemacht hat“. Auch bei den Grundstücken in der Hafencity habe er so „schlechte Politik“ gemacht, dass jetzt 240 Millionen Euro fehlen. Nach diesem Senat werde kein Tafelsilber mehr übrig bleiben. Zucker fällt auf, dass die Präsidialabteilungen aller Behörden seit 2001 um 136 Stellen wuchsen. Gespart habe der Senat nur in den benachteiligten Stadtteilen. Zudem habe er 500 Millionen Euro Rücklagen gebildet. „Da werden wir noch wohlfeile Wahlgeschenke erhalten.“
taz nord SEITE 25