: In der Hölle der haarigen Affen
Es ist rührend, egal, ob man Cuxhaven kennt oder nicht. Wie sich beispielsweise die Cuxhavener Band The Five Scamps zum Bandfoto im heimischen Garten versammeln: Die Hecke ist sauber geschnitten, der Rasen frisch gemäht und dann stehen da fünf Jungs mit angedeuteter Tolle und präsentieren ihre Gitarren. Ihr Blick ist bemüht böse und ihre Hemden, Hosen und Frisuren sind kreuzbrav. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1964. Sie ist eine von unzähligen Originaldokumenten in dem Buch „We got our kicks in Cux ‘66“.
Gesammelt hat die Fotos, Eintrittskarten, Presseartikel, Konzertplakate und Plattencover der Cuxhavener Ralf Fröhlich. Er war damals Teil der Beat-Szene seiner Stadt als Schlagzeuger von The Spacemen, heute arbeitet er bei Lufthansa. Seine Sammlung zeigte er dem Journalisten Christian Mangels und gemeinsam machten sie daraus ein Buch, das beschreibt wie es war, als die Beatbegeisterung die 50.000-Einwohnerstadt Cuxhaven packte.
Es ist ein buntes, reichhaltiges Buch, und es hat einen sehr speziellen Charme: Einerseits geht es natürlich darum, die eigene Vergangenheit zu feiern. Andererseits beleuchten die Autoren das Geschehen in Cuxhaven vor dem Hintergrund der Veränderungen der Popkultur in den 60er Jahren. Das öffnet das Buch für Nicht-Cuxhavener. Und liefert nette Szenen: Im Kapitel über den Cuxhavener Beat-Schuppen „Club 99“ beispielsweise wird berichtet, wie 1967 die Live-Konzerte weniger werden und der erste DJ das Parkett betritt. Als Happening ließ er ein Klavier zertrümmern – „ein Signal mit symbolischer Wirkung“, schreiben die Autoren.
Grundsätzlich aber ist es nicht die Analyse, die die Autoren treibt, sondern das Bedürfnis, etwas festzuhalten. Neben Kapiteln über Riverboat-Shuffles oder Clubs stellen die Autoren 19 einheimische Bands von damals vor und haben genau recherchiert, wer wann wo mitgespielt hat. Für unbeteiligte lauter unnützes Wissen. Aber mit extremer Liebe zusammengetragen.
Und flankiert von echten Perlen, wie dem Bericht der Cuxhavener Presse über einen Auftritt der Lords 1965: „Der Beat schaffte es auch bei uns, halbgare Teenager zu einer kochenden Hysteriesuppe aufzuwärmen“, heißt es da unter der Überschrift: „In der Hölle der haarigen Affen“. KLAUS IRLER
Jens-Christian Mangels, Ralf Fröhlich: We got our kicks in Cux ‘66“. Mehr Informationen: www.cuxhaven-beat.de