Neuer Aidsplan für Südafrika

Prävention und Behandlung im Vordergrund. Vor allem Frauen sind von Ansteckung gefährdet

Die Kosten des Plans bewegen sich zwischen 1,5 und 2 Millliarden Euro

AUS JOHANNESBURG MARTINA SCHWIKOWSKI

Der neue Aidsplan für Südafrika beinhaltet ehrgeizige Ziele: In den nächsten fünf Jahren sollen die Ansteckungen mit dem tödlichen Virus halbiert und 80 Prozent der bereits mit dem Virus lebenden Menschen in Südafrika mit Medikamenten versorgt werden. Der Plan ist erstmals in Zusammenarbeit von Hilfsgruppen, Wirtschaft und der Regierung erarbeitet worden. Es ist der neunte Entwurf, der auf einer Konferenz am späten Donnerstag von allen Beteiligten abgesegnet worden ist. Wenn der nationale Aidsrat in Kürze ebenfalls das Dokument verabschiedet, dann liegt ein gültiger Plan im Kampf gegen die Aidsepidemie im Land vor.

Der 120-seitige Strategieplan ist mit zwei Jahren Verspätung nach dem ersten Plan (2000 bis 2005) aufgestellt worden. Er konzentriert sich auf Vorbeugung und Behandlung und erkennt junge Frauen als die am stärksten von Infektionsrisiken betroffene Gruppe an. Bis zu 40 Prozent der Frauen zwischen 25 und 29 Jahren sind infiziert. Frauen besuchen häufiger Gesundheitskliniken als Männer, und dort sollen sie mit konkreten Programmen unterstützt werden. Die Einbindung von Menschen in die Aufklärungsarbeit, die mit HIV leben, wird als wichtiger Baustein einer effektiven Antwort auf die Krise gesehen, das Verhalten insbesondere von Jugendlichen zu ändern.

Die Lobbygruppe „Treatment Action Campaign“ (TAC) findet den Plan im Vergleich zum bisherigen Aidsprogramm der Regierung realistisch. „Nie zuvor sind Vertreter aller Sektoren der Gesellschaft in die Beratung einbezogen worden – das Ergebnis ist umfassend“, sagt Luyanda Ngonyama, Mitarbeiter bei TAC.

Die Aidsaktivisten hatten im vergangenen Jahr eine stärkere Führung von der Regierung gefordert, nachdem der alte Aidsplan unzureichend war. Vor allem waren die Ziele nicht erreicht worden, die Bedrohung durch Aids ernsthaft anzugehen und ausreichend Medikamente für HIV-Infizierte zur Verfügung zu stellen. In etwa 300 Einrichtungen landesweit werden derzeit rund 250.000 Menschen mit antiretroviralen Medikamenten behandelt.

Südafrika hat eine der höchsten HIV-Infektionsraten der Welt; mehr als fünf Millionen der 46 Millionen Menschen leben mit dem Virus. Täglich stecken sich 1.500 Menschen neu an.

Die neuen Töne in der Aidspolitik lassen Hoffnung aufkommen, dass die Krise in Südafrika in den nächsten Jahren entscheidend eingedämmt werden könnte. Die Kehrtwende hat auch damit zu tun, dass die bisherige Gesundheitsministerin Manto Tshabalala-Msimang durch lange Krankheit abwesend ist und wahrscheinlich nicht in ihr Amt zurückkehren wird. An dem Plan ist zwar bereits zuvor gearbeitet worden, doch sie hatte eher die Nebenwirkungen von Aidsmedikamenten kritisiert und Vitamine als beste Hilfe in den Mittelpunkt gestellt. Jetzt gab es laut Ngonyama mehr Raum, neue Ansätze einzubringen.

Der neue Plan legt nicht nur Schritte zur Behandlung fest, sondern auch Mechanismen, um die Einhaltung der Ziele zu kontrollieren. Denn in den Provinzen und Gemeinden werden die geplanten Maßnahmen oft wegen Mangel an Kräften, Materialen und Koordination schlecht umgesetzt. Vizepräsidentin Phumzile Mlambo-Ngcuka, die während der Konferenz anwesend war, rief alle Organisationen zur Überwachung auf.

„Wir sind froh über diese verantwortliche Rolle der Regierung. Aber sie kann nicht alles allein erledigen“, sagt Luyanda Ngonyama. „Der private Sektor spielt eine wichtige Rolle.“ Bisher sind die Kosten für den Plan nicht genau kalkuliert, bewegen sich aber angeblich zwischen 14 und 20 Milliarden Rand (1,5 bis 2,1 Mrd. Euro). Durch eine zügigere Registrierung von generischen Medikamenten und mehr Behandlung durch Krankenschwestern anstelle von Ärzten sollen künftig auch Kosten eingespart werden.