Kriminelle fast am Aussterben

STATISTIK Für Polizeichef Glietsch hat sich die Kriminalstatistik seit 2002 positiv entwickelt – trotz Rückgang der Aufklärungsquote. Die Opposition spricht dagegen von „vorgegaukelter Sicherheit“

Polizeipräsident Dieter Glietsch hat für eine objektive Sicht auf die Kriminalitätsentwicklung in Berlin geworben. Zwar weise die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2010 einen Rückgang der Aufklärungsquote auf, über Jahre betrachtet gebe es jedoch in nahezu allen Bereichen eine positive Entwicklung, sagte Glietsch am Montag im parlamentarischen Innenausschuss. Im Vergleich zum Bundestrend verzeichne Berlin gar seit 2002 einen überdurchschnittlichen Rückgang von Deliktsfällen. Die Opposition hingegen sprach mit Blick auf die PKS 2010 von „vorgegaukelter Sicherheit“.

„Die Kriminalitätsentwicklung in Berlin bietet keinen Anlass zum Jubel, aber auch keinen Anlass zur Sorge“, sagte Glietsch. Im Vergleich zu 2002 sei die Gesamtzahl der Fälle von 584.000 auf 457.000 im Jahr 2010 gesunken. Das entspreche einem Minus von 18,7 Prozent.

Seien 2002 noch 284 Tötungsdelikte registriert worden, waren es 189 Fälle 2010, sagte Glietsch. Bei den Sexualdelikten habe es in den vergangenen neun Jahren einen Rückgang um 19,5 Prozent gegeben. Bei Raub könne im gleichen Zeitraum ein Minus um 32 Prozent verzeichnet werden. Gegenüber 2002 habe es 2010 rund 11 Prozent weniger Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung gegeben. Die gesunkene Aufklärungsquote 2010 in der Stadt bezeichnete Glietsch als „akzeptablen, aber auch verbesserungswürdigen Wert“. 48,4 Prozent für 2010 (49,4 Prozent 2009) bewege sich im Rahmen der 10-Jahres-Bilanz, die zwischen 47,8 Prozent und 51 Prozent lag.

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) bewertete die PKS 2010 für sich genommen als „unspektakulär“. Es gebe insgesamt einen Rückgang der Kriminalitätsbelastung gerade bei der Zahl tatverdächtiger Kinder und Jugendlicher. Gestiegen sei die Zahl der Diebstähle. Wie Glietsch favorisierte auch Körting 10-Jahres-Gegenüberstellungen. Ein „hektischer Vergleich von einem Jahr zum anderen“ bringe nichts.

Oppositionspolitiker unterstellten Körtings Lesart der neuen PKS „wahltaktische Gründe“. CDU-Fraktionschef Frank Henkel und Innenexperte Robbin Juhnke bemängelten, nicht die Kriminalitätsbelastung in Berlin sei gesunken, sondern die Zahl der polizeilich abgeschlossenen Fälle. Wenn Körting sage, Berlin sei sicherer geworden, spiegele dies in keiner Weise die Erfahrung der Bürger wider.

Von einer unprofessionellen Personalpolitik sprach Benedikt Lux (Grüne). Viele Polizeidienststellen würden „auf dem Zahnfleisch gehen“. Die niedrige Aufklärungsquote bei der Berliner Polizei zeige, dass sie personell immer weniger Luft habe. (dpa)