HARALD KELLER DER WOCHENENDKRIMI : Pures Synchronesisch
Die britische Serie „Silent Witness“ erfreut sich seit 1996 anhaltenden Zuspruchs – und wirkt frischer als manch deutsche Produktion. Das verdient einen lobenden Zwischenruf, zumal britische Serien hierzulande generell unzureichend gewürdigt werden.
Erstmals importiert hatte die Serie einst RTL und unter dem Titel „Gerichtsmedizinerin Dr. Samantha Ryan“ zur Ausstrahlung gebracht. Dr. Ryan hat das Londoner Labor mittlerweile geräumt; das Ermittlerteam besteht zu Beginn der 16. Staffel im Kern aus Nikki Alexander, dem Veteranen Leo Dalton, dem Neuling Jack Hodgson sowie dessen Assistentin Clarissa Mullery, die von der behinderten Komikerin Liz Carr gespielt wird.
Die Staffelauftaktfolge heißt „Wandel“, und der findet gleich auf mehreren Ebenen statt. Das rechtsmedizinische Institut muss den Verlust eines Mitarbeiters verkraften; es drohen Mittelkürzungen.
Rabiatere Umbrüche noch erlebt Süßwarenhersteller John Briggs. Sein Unternehmen steht kurz vor der Insolvenz, die Geier kreisen, Intriganten nagen an der Substanz. Der Patriarch stirbt unerwartet, auf den ersten Blick ein Herztod, aber Hodgson zweifelt …
Der Autor Timothy Prager, inhaltlich ganz auf der Höhe der Zeit, weiß die Stränge formal elegant und schlüssig zu verknüpfen; wer die erzählerischen Mittel so souverän beherrscht, kann auf groteske Gewaltfantasien leicht verzichten. Die andererseits betrachterseitig aufkeimen, wenn in der deutschen Fassung aus einem „pathologist“ ein „Pathologe“ und aus „forensic“ ein „Forensiker“ wird. Pures Synchronesisch, so wie das Gestammel „Wir sind Familie“. Seltsam frei dagegen die Umdichtung der Schlagzeile „Mystery woman in Briggs death riddle“ zu: „Umstrittener Firmenchef tot im Hotel“.
Wunderliches ZDFneo – mit Qualitätsserien prunken, aber bei der deutschen Bearbeitung geizen?
■ „Silent Witness: Wandel“; Sa., 23.25 Uhr, ZDFneo