„Je kürzer die Tage, desto mehr Taten“

KRIMINOLOGIE Im Dunklen und bei gutem Wetter wird gern geklaut

„Kriminal-Meteorologie“ könnte nach Ansicht des Hamburger Kriminaldirektors Andreas Lohmeyer ein „zukunftsträchtiger Fachbereich der Polizeiarbeit“ werden. Zwar gebe es keine aktuellen wissenschaftlichen oder statistischen Auswertungen über die Zusammenhänge von Wetter und Kriminalität, sagte der 49-jährige Leiter der Hamburger Fachdirektion Verbrechensbekämpfung auf dem 6. Extremwetterkongress in Hamburg. Doch das Zusammenspiel von Wetterphänomenen und Delikten aller Art sei „offensichtlich“, sagte er.

Insbesondere bei Körperverletzungen ließe sich das Fazit ziehen, dass mehr Fälle auftreten würden, je wärmer es sei. „Pro Grad Celsius sind es 0,7 Delikte pro Tag mehr“, erläuterte Lohmeyer. Würden etwa an einem sonnigen, warmen Sonnabend im August insgesamt 82 Rohheitsdelikte registriert, seien es an einem grauen, kühlen Dienstag im März im Schnitt nur 51.

Auch bei Diebstählen spiele das Wetter eine Rolle. Eine mögliche Formel laute: „Je kürzer die Tage, desto mehr Taten.“ Jede Stunde Dunkelheit führe zu einem Einbruch mehr pro Tag. Zugleich gelte: je kälter, desto weniger Einbrüche. Bei geschlossener Schneedecke seien es sechs Taten pro Tag weniger. An einem kalten, regnerischen Sonntag im März gebe es in Hamburg etwa 19 Fahrraddiebstähle. An einem schönen Dienstag im Juni seien es dagegen täglich im Schnitt 63.

Zur „wetterfühligen“ Kriminalität zählte der Experte Körperverletzungen insgesamt, besonders aber auch auf Straßen, Wegen und Plätzen, sowie Diebstähle aller Art und die breite Palette von Sittlichkeitsdelikten, von der Nötigung bis hin zu sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung.

„Wetterresistente“ Kriminalität betreffe alle Fälle von Raub, einfachem Ladendiebstahl, Betrug, Pkw-Diebstahl, Rauschgiftdelikte und Gewaltkriminalität insgesamt. Im Blick auf Sachbeschädigungen aller Art ließe sich zudem ein schwacher Rückgang bei Regen feststellen. „Schlechtes Wetter senkt allgemein die Kriminalitätsrate“, zog Polizeichef Lohmeyer sein Resümee. So hätten schon Autoren früherer Jahrhunderte festgestellt, dass noch niemals eine Revolution bei strömendem Regen stattgefunden habe. (epd)