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Archiv-Artikel

Politiker planen, Bürger zahlen

Egal, wen er damit beauftragt: Fast alle Bauvorhaben des Senats werden teurer als vorgesehen. Kritiker vermuten Salamitaktik. Regierungsfraktion lässt regelmäßig anstandslos Geld nachschießen

VON GERNOT KNÖDLER

Die kürzlich bekannt gewordenen Kostensteigerungen bei der Hafencity-U-Bahn und der Ortsumgehung Finkenwerder reihen sich ein in eine Kette ähnlicher Fälle. Stets schlägt der Senat ein Projekt in einem bestimmten Kostenrahmen vor, das dann im Rahmen der Planungs- und Bauphase immer teurer wird. Und weil die Bürgerschaftsmehrheit den von ihr gewählten Senat nicht im Regen stehen lassen will, hält sie an dem Projekt fest, auch wenn sie es noch stoppen könnte.

Beispiel Flughafen-S-Bahn: Das Projekt ist 1999 vom damaligen Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) mit 190 Millionen Euro angekündigt worden. 2001 tat Bausenator Eugen Wagner den „ersten Spatenstich“. Sein Nachfolger Mario Mettbach (Schill-Partei) bezifferte die Kosten ein Jahr später auf 225 Millionen Euro. Weitere zwei Jahre später musste der folgende Senator Michael Freytag (CDU) einräumen, das Projekt werde 240 Millionen Euro kosten: 50 Millionen mehr in fünf Jahren, Fertigstellung 2008 statt 2005.

Während die Baubehörde den S-Bahnbau in eigener Regie betreibt, beauftragte sie mit der Planung der Hafencity-U-Bahn U4 die Hochbahn. Die kalkuliert auf Basis der Preise von 2004 mit Kosten von 255 Millionen Euro und musste jetzt zugeben, dass das Projekt 298 Millionen kosten soll. Das liege an der Baukonjunktur, die unerwartet angesprungen sei, den Stahlpreisen und daran, dass es nur eine Firma gebe, die die nötige Tunnelbohrmaschine anbiete, sagt Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum.

Zumindest der Stahlpreis lag jedoch 2004 zum Teil höher als heute. „Offensichtlich werden Öffentlichkeit und Parlamentarier nach der seit dem Mühlenberger Loch bekannten Salamitaktik mit der Wahrheit konfrontiert, damit es nicht so weh tut“, kritisiert deshalb der Geschäftsführer der Umweltverbandes BUND, Manfred Braasch.

Der Mehrpreis werde von einem Bundeszuschuss von 113 Millionen Euro ausgeglichen, den man ursprünglich nicht einkalkuliert habe, kontert Stadtentwicklungssenator Axel Gedaschko (CDU). Kritiker und Opposition halten genau das für fraglich: Die Kostensteigerung verschlechtere das ohnehin miserable Kosten-Nutzen-Verhältnis und gefährde den Zuschuss.

Für den erst kürzlich ins Amt gekommenen Gedaschko ist besonders bitter, dass ebenfalls in dieser Woche bekannt wurde, dass die geplante Ortsumgehung für Finkenwerder auf der vom Senat favorisierten Trasse 21 Millionen Euro teurer würde als geplant. Zusammen mit weiteren 41 Millionen Euro, mit denen der Senat die Obstbauern befrieden will, die gegen die Trasse geklagt haben, würde die Umgehung zu einer Luxuspiste.

Die städtische Realisierungsgesellschaft Rege, die vom Senat mit dem Bau der Umfahrung beauftragt wurde, weist die Verantwortung von sich. Die Kosten seien von der Behörde geschätzt und jetzt von der Rege im Rahmen der Planung genau ermittelt worden, sagt Rege-Geschäftsführer Hartmut Wegener.

Ähnliches gelte für die Elbphilharmonie, bei der die voraussichtlichen Kosten noch vor Baubeginn von 188 auf 241 Millionen Euro gestiegen sind. Allein die Stadt wird 37 Millionen Euro mehr aufbringen müssen. Das sei „eine Weiterentwicklung des Projekts“ gewesen, rechtfertigt sich Wegener: Für den höheren Preis werde mehr gebaut und die Rentabilität verbessert.