Neue Rangfolge der Schwachen

Reaktionen auf das neue Unterhaltsrecht sind zwiespältig. „Väteraufbruch“ lobt Verbesserung für Männer. Anwältin beklagt, dass „serielle Monogamie des Mannes begünstigt“ werde. Verband der Alleinerziehenden rügt: Mindestunterhalt sinkt

VON BARBARA DRIBBUSCH
UND ULRIKE HERRMANN

Das von Union und SPD abgesegnete neue Unterhaltsrecht für Geschiedene sorgte gestern für widersprüchliche Reaktionen. Die Reform stellt künftig Kinder und neue Gattinnen besser, die erste Ehefrau aber etwas schlechter. Der Verein Väteraufbruch begrüßte, dass die Unterhaltsregeln geändert werden sollen. „Es ist auf jeden Fall eine Verbesserung für Väter, die noch einmal eine zweite Familie gründen wollen“, sagte Rüdiger Meyer-Spellbrink vom Väteraufbruch.

Das neue Unterhaltsrecht soll zum 1. Juli kommen. Es sieht im Scheidungsfall vor, dass zuerst die Ansprüche aller minderjährigen Kinder zu bedienen sind. Erst auf dem zweiten Rang stehen dann die Ex und die neue Gattin, wenn sie Kinder betreut. Danach folgen unverheiratete neue Partnerinnen, die Union hatte mit ihrer Forderung gesiegt, diese nicht mit den Ehefrauen auf eine Stufe zu stellen.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) bedauerte gestern noch einmal, dass die Union mit ihrem „konservativen Familienbild“ die Bevorzugung der Ehefrauen durchgesetzt habe.

Nun sei die Motivation der Männer größer, „wenn für die Kinder zu zahlen ist und weniger für die Exehefrau“, sagte Meyer-Spellbrink vom Väteraufbruch. Nach dem bisherigen Recht hätten viele geschiedene Männer „nicht die finanziellen Möglichkeiten gehabt, eine zweite Familie zu gründen“.

Die Rangfolge greift immer dann, wenn das Einkommen des Mannes nicht ausreicht, um alle Ansprüche zu befriedigen. Nach altem Recht war die erste Ehefrau gegenüber der zweiten Gattin privilegiert und stand mit den minderjährigen Kindern im ersten Rang. Dies fällt nun weg. „Das neue Unterhaltsrecht begünstigt die serielle Monogamie des Mannes“, meinte Angelika Nake, Anwältin und Vorsitzende der Familienrechtskommission im Deutschen Juristinnenbund. Viele geschiedene Frauen könnten durch die Reform im Bezug von Hartz IV landen.

Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) kritisiert ebenfalls das neue Gesetz, aber aus anderen Gründen. Nach dem neuen Gesetz führten der geplante Mindestunterhalt von 304 Euro und die hälftige Anrechnung des Kindergeldes dazu, dass weniger Unterhalt gezahlt werde, so Peggy Liebisch, Bundesgeschäftsführerin des VAMV. Mehr als zwei Millionen Kinder von Alleinerziehenden seien „von dieser Verringerung betroffen“. Den hochleistungsfähigen Unterhaltszahler gebe es „in der Realität gar nicht“, so Liebisch. Mit der Reform werden auch die Sätze für Kinder neu berechnet.

Bislang fallen Unterhaltszahlungen für die Frauen recht mager aus: 76 Prozent der Geschiedenen sind unterhaltsberechtigt, aber nur 28 Prozent dieser Frauen bekommen den zugesprochenen Gattinnenunterhalt, ergab eine Studie des Bundesfamilienministeriums im Jahr 2003. Bei den Kindern sind die Männer hingegen zahlungsbereiter.