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Archiv-Artikel

Der Mann mit dem Geld

Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, belegt seit gestern wieder den Spitzenplatz in der Liste der deutschen DAX-Topverdiener. Ist ein Jahresgehalt von 13,2 Millionen Euro heute sittenwidrig?

Nein. 13,2 Millionen Euro. Für das abgelaufene Geschäftsjahr. Auf das Konto von Josef Ackermann, weil der der Deutschen Bank so optimierend vorsteht. Und die hat einen Überschuss von 6 Milliarden Euro erzielt. Warum sollte einer wie ihr Boss nicht mit einer solchen Menge Geld prämiert werden? Er hat in seinem Feld Karriere gemacht – und nun erntet er, was er gesät hat.

Hätte unsereins das auch gewollt, wären wir ebenfalls in diese Branche gegangen. Haben wir aber nicht. Na und? Weshalb sollte es jemanden überhaupt stören, dass da einer unter Gottes Himmel eine solche Ladung Zaster gutgeschrieben bekommt. Was auch immer er damit anstellt, er wird es letztlich, selbst allerluxuriösest, nicht ausgeben können. Carla Bley, amerikanische Jazzpianistin, sagte einmal auf einer American-Express-Reklame sinngemäß: „Baby, ich war reich, und ich war arm. Und ich muss dir sagen, reich ist besser.“ Darum geht es: dass man sinnvollerweise nicht davon träumt, wie Dagobert Duck in Dukaten zu schwimmen, sondern sie im Hintergrund zu wissen, Sicherheit und Absicherung für alle Fährnisse des Lebens. Dafür aber braucht es keine 13,2 Millionen Euro. Sondern viel weniger. Wie viel weniger, weiß kein Mensch. Ackermann soll sich im Glanze dieser Prämie sonnen, sich Privatjets, Juwelen, Gourmetkost, Klamotten, Kunst, Privatfestivals und sonstige Distinktionen leisten: Er kann es ja doch nicht ganz ohne Publikum.

Wir wollen ihn nicht noch weiter ehren mit unserem Neid. Das Schlimmste steht ihm ja noch bevor: eine Entourage voller Devotlinge und Schleimgeister, die wollen, was er hat. Dieser Ackermann bekommt die Kohle ohnehin weitgehend als Schmerzensgeld – weil er all die Rivalen ausgestochen hat, die nicht so gruppendynamisch, also karrieregeschmeidig operierten wie er. Und nun ihre Missgunst verstecken. Nein danke, ohne uns!JAN FEDDERSEN

Ja. Löhne oder Gehälter 30 Prozent unter Tarif sind sittenwidrig, das konstatiert inzwischen auch die Union. Wie sittenwidrig aber ist ein Gehalt weit jenseits aller Tarifverträge? Etwa das Gehalt von Bankboss Josef Meinrad Ackermann, der im vergangenen Jahr exakt 13.200.000 Euro einstrich? Das waren 36.164,38 Euro pro Tag. In der Stunde „verdiente“ Ackermann 1.506,84 Euro. Und in der Minute immerhin noch 25 Euro und 11 Cent. Sittenwidrig? Ja. Und diese (Be-)Wertung hat mit Neid nichts zu tun.

Gut verdienen soll Ackermann. Sehr gut sogar. Schließlich hat der Spitzenmanager einen langen Arbeitstag. Und er trägt schwer an der Verantwortung für die Mitarbeiter der Deutschen Bank und die Prosperität der (deutschen) Volkswirtschaft; wenn er im Interesse der „Shareholder“ nicht gerade wieder ein paar tausend Beschäftigte „freisetzt“.

Natürlich: Arbeit als Produktionsfaktor darf nicht „verramscht“ werden. Da hat Porschechef Wieland Wiedeking, dessen Jahresgehalt noch immer geheim ist, sicher recht. Aber für vergleichbare Arbeit sollte es auch ein vergleichbares Gehalt geben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) etwa arbeitet ganz sicher auch (fast) rund um die Uhr. Und sie trägt an ihrer Verantwortung für dieses Land sicher genauso schwer wie Ackermann an seiner in seinem Metier. Im Monat bekommt die Kanzlerin aber noch nicht einmal das Gehalt, das Ackermann für nur einem Tag Arbeit zusteht.

Sicher: Kanzlerin wird man nicht des Geldes wegen; Bankier schon. Ein Argument für derartige Unterschiede in der Entlohnung ist das aber nicht. Mit 1 Million Euro, „dem Spitzengewinn bei Jauch“, wären beide angemessen ausgestattet. Alles darüber hinaus ist Verschleuderung von Volksvermögen, das doch, „wenn es schon nicht an alle Beschäftigten ausgeschüttet wird“, wieder investiert werden könnte.KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT