: Offensive gegen al-Shabaab
SOMALIA Nach dem Tod ihres charismatischen Führers gerät die Terrormiliz in arge Bedrängnis. Die US-Drohnenangriffe zeigen Wirkung. Milizionäre fliehen übers Meer
VON SIMONE SCHLINDWEIN
BERLIN taz | Die radikalislamische Terrororganisation al-Shabaab in Somalia hat einen neuen Anführer ernannt: Ahmed Omar Abu Ubaidah werde jetzt die Miliz anführen. Er war bislang der Dritte in der Befehlskette, eher ein niedrigrangiger Kommandeur. Ubaidah ersetzt den am Montag getöteten Anführer Mukhtar Abu Zubayr alias Ahmed Godane. Der langjährige Kommandeur war vergangene Woche durch einen US-Drohnenangriff exekutiert worden, wie das Pentagon am Samstag erklärte. „Wir bestätigen, dass Ahmed Godane, der Mitbegründer der al-Shabaab, getötet wurde“, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby. Dies sei ein „gravierender symbolischer und operationeller Verlust“.
„Godanes Tod wird uns nicht aufhalten, Angriffe auszuführen“, sagte Shabaab-Sprecher Sheikh Ali Dheere in einer Internetbotschaft. „Wir haben unseren großen Führer Ahmed Godane und zwei andere Kommandeure verloren“, bestätigte er. Godane galt als charismatischer Anführer, der in den 90er Jahren in Afghanistan von der Taliban ausgebildet worden war. Unter seiner Führung integrierte sich die al-Shabaab seit 2008 zunehmend in das global agierende Terrornetzwerk al-Qaida. Er galt weniger als Stratege und Kämpfer, sondern mehr als ideologischer und charismatischer Führer.
Godane wurde vor einem Jahr weltweit bekannt, als mutmaßlich seine Kämpfer im Nachbarland Kenia das Einkaufszentrum „West Gate“ in der Hauptstadt Nairobi angriffen, tagelang Geiseln hielten und letztlich 67 Menschen ermordeten. Damals warnte er Kenias Regierung vor einem Krieg im eigenen Land: „Zieht alle eure Truppen ab oder bereitet euch auf Blutvergießen in eurem eigenen Land vor“, so Godane. Bereits im Jahr 2010 sprengten sich in Ugandas Hauptstadt Kampala zwei mutmaßliche Shabaab-Kämpfer während eines Fußballspiels in die Luft und rissen rund hundert Menschen in den Tod.
Neben den USA gelten für die al-Shabaab Kenia, Äthiopien, Uganda und Burundi als Feinde. Uganda und Burundi stellen im Rahmen der Eingreifmission der Afrikanischen Union (AU) Amisom die Truppen, die in Somalia gegen die al-Shabaab vorgehen. Kenia und Äthiopien haben ebenfalls Soldaten in Somalia, um ihre Grenzen zu schützen. Seit vergangener Woche läuft die Militäroperation „Indischer Ozean“ gegen die al-Shabaab. Dabei sollen deren Zugangswege zum Meer abgeschnitten werden.
Ugandas Stabschef General Katumba Wamala traf vergangene Woche in Somalia ein und verkündete, al-Shabaabs Ende sei in Sicht. AU-Truppen haben am Donnerstag den Hafen von Baraawe südlich der Hauptstadt Mogadischu eingenommen, der wichtigste Handelsknotenpunkt für Schmuggelgüter, mit denen die Miliz Einkommen erwirtschaftet. Ugandas Soldaten hätten die Kämpfer bis dorthin getrieben, dann seien sie mit Booten übers Meer aus Baraawe geflohen, bestätigte Ugandas Armeesprecher in Somalia Deo Akiiki: „Wenn Amisom über gute Marineausrüstung verfügen würde, hätten wir ihnen den Fluchtweg übers Meer abschneiden können, dann gäbe es heute kein von Shabaab kontrolliertes Gebiet mehr in unserem Sektor“, so Akiiki.
Die US-Drohnenangriffe zu Beginn der Woche hatten den ugandischen Truppen den Vorstoß nach Baraawe, 260 Kilometer südlich von Mogadischu, erleichtert. Die Al-Shabaab-Kämpfer hatten sich vor dem Angriff in der Hafenstadt verschanzt und die Straßen geflutet, damit die Amisom-Truppen nicht vorstoßen konnten. Amisom verfügt über keine Kampfhubschrauber mehr, seitdem diese abgestürzt waren. Erst die US-Drohnenangriffe, bei denen Godane ausgeschaltet wurde, hatten den Vorstoß nach Baraawe ermöglicht.