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Archiv-Artikel

Bush unter Druck

VON BERND PICKERT

Mit 50 zu 48 Stimmen hat der US-Senat am Dienstagabend den Versuch der Republikaner abgelehnt, die Erwähnung eines Abzugsdatums für die US-Truppen aus dem Irak aus dem Gesetzentwurf zu streichen, mit dem 122 Milliarden US-Dollar für die Finanzierung der Kriege im Irak und in Afghanistan zur Verfügung gestellt werden. Mehrere republikanische Senatoren stimmten mit den Demokraten. Noch gestern wollte der Senat über den endgültigen Gesetzentwurf abstimmen. Darin wird die Regierung verpflichtet, 120 Tage nach Inkrafttreten des Gesetzes mit dem Abzug von Kampftruppen zu beginnen und ihn bis spätestens 31. März 2008 beendet zu haben.

Sollte der Entwurf angenommen werden, hat Präsident George W. Bush bereits ein Veto angekündigt. Das Weiße Haus lehnt nach wie vor jede Festlegung auf einen konkreten Abzugstermin ab. Um ein Veto des Präsidenten im Senat zu überstimmen, reicht die Mehrheit der Demokraten nicht aus.

Insofern bleibt die Abstimmung vom Dienstag zunächst ein symbolischer Sieg über Bush. Die Republikaner, die zunächst erwogen hatten, mittels Geschäftsordnungstricks, dem sogenannten Filibuster, eine Abstimmung über den vorliegenden Gesetzestext zu verhindern, hatten sich mit dem Weißen Haus darauf verständigt, lieber die Abstimmung zuzulassen und dann in der Folge Bushs Veto zu stützen: Eine Behinderung der Abstimmung hätte auch die Freigabe der von Bush beantragten Gelder verzögert.

Der schließlich von zwölf republikanischen Senatoren eingebrachte Antrag, die Erwähnung von Abzugsterminen aus dem Gesetzentwurf zu streichen, fand in der Abstimmung am Dienstag keine Mehrheit, nachdem die republikanischen Senatoren Chuck Hagel aus Nebraska und Gordon Smith aus Oregon mit den Demokraten stimmten. Der demokratische Senator Mark Pryor aus Arkansas stimmte ebenso mit den Republikanern wie der unabhängige – aber der demokratischen Fraktion zugerechnete – Senator Joe Lieberman. Zwei Senatoren fehlten wegen Krankheit.

Insbesondere der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain argumentierte in der Senatsdebatte gegen einen Abzugstermin. „Ein West-Point-Kadett im zweiten Ausbildungsjahr könnte Ihnen sagen, dass es ein sicheres Rezept für die Niederlage ist, ein Enddatum anzukündigen,“ sagte er, einer der wenigen Befürworter der von Bush beschlossenen Truppenerhöhung im Irak.

Bereits in der vergangenen Woche hatte das Repräsentantenhaus einem demokratischen Antrag zugestimmt, demzufolge der Großteil der US-Kampftruppen aus dem Irak bis zum September 2008 abgezogen sein muss. Senator Richard Durban aus Illinois, der zweite Mann der Demokraten im Senat, sagte nach der Abstimmung laut New York Times: „Das amerikanische Volk hat gesprochen, das Repräsentantenhaus und der Senat haben gesprochen – jetzt hoffen wir, dass der Präsident zuhört.“

Tatsächlich aber sind sich Demokraten, Republikaner und öffentliche Meinung sind sich darüber im Klaren, dass der Abzug aus dem Irak wohl zum ersten großen Vetokonflikt des Präsidenten mit dem Kongress führen wird. Seit seinem Amtsantritt Anfang 2001 bis zum Januar dieses Jahres hatte Bush mit einem republikanisch dominierten Kongress regiert und nicht ein einziges Mal von seinem Vetorecht Gebrauch gemacht. Das wird sich nun schnell ändern.