Sauftour endet tödlich

Der 16-jährige Koma-Trinker stirbt nach fünf Wochen auf der Intensivstation. Rufe nach Verboten von „Flatrate-Partys“ werden leiser. Prävention und strengere Kontrolle bestehender Gesetze sollen helfen

VON MATTHIAS LOHRE

Lukas W. hat es nicht geschafft. Seit dem 25. Februar lag der 16-Jährige im Koma. Nun starb der Zehlendorfer in der Nacht auf Donnerstag auf der Intensivstation des Virchow-Klinikums. Und zwar an den Folgen eines Kreislaufversagens, das er durch den Alkoholkonsum erlitten hatte, sagte eine Charité-Sprecherin gestern. Der Tod des Gymnasiasten entfacht erneut eine Debatte über Für und Wider von Alkoholverboten für Jugendliche. Doch anders als noch vor wenigen Wochen plädieren Politiker nun vor allem für mehr Aufklärung.

Noch immer ist nicht zweifelsfrei geklärt, was genau geschah, bevor der Jugendliche vor fünf Wochen ins Koma fiel. Lukas W. hatte sich nach Medienberichten in der Nacht auf den 25. Februar volltrunken in der Kneipe „Eye T“ am Spandauer Damm in Charlottenburg übergeben, dann brach er zusammen und wurde ohnmächtig. Mit einem potenziell tödlichen Blutalkoholwert von 4,8 Promille kam er ins Krankenhaus. Zuvor soll er damit geprahlt haben, auf einer so genannten Flatrate-Party mehr als 50 Gläser Tequila getrunken zu haben. Sicher ist das nicht. Eine Obduktion soll die genaue Todesursache klären, kündigte Polizeisprecher Bernhard Schodrowski gestern an. Die Polizei will zudem prüfen, ob der Barbesitzer oder Gäste Mitschuld am exzessiven Alkoholkonsum des Minderjährigen gehabt haben.

Als der Fall des Lukas W. Anfang des Monats deutschlandweit Wellen schlug, forderten Politiker und Medien schnell ein Verbot von „Flatrate“- oder „All you can drink“-Partys, auf denen Besucher einmal zahlen und soviel trinken dürfen, wie sie wollen. Sie verlangten dies, ohne zu wissen, was genau geschah und warum. Die Politiker scheinen dazu gelernt zu haben.

Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) urteilte gestern, die bestehenden Gesetze (siehe Kasten) seien ausreichend: „Wir wissen, dass das, was passiert ist, nicht hätte passieren dürfen, wenn man sich an die Spielregeln, sprich Gesetze, gehalten hätte.“ Die Frage sei daher, ob bestehende Vorgaben eingehalten werden. „Und wenn nicht, wie man dafür sorgt, dass sie entweder freiwillig eingehalten oder kontrolliert werden.“ Wenn man nicht in der Lage sei, das Gesetz mit einem Ausschankverbot an unter 16-Jährige durchzuhalten, erübrige sich die Frage, ob man das Ausgabealter auf 18 Jahre erhöhen sollte.

Auch von den Grünen ist kein Ruf nach Verboten mehr zu hören. Ihre Gesundheitsexpertin Heidi Kosche und der Bildungspolitiker Özcan Mutlu fordern stattdessen kleinlaut, „dass Barbetreiber aufhören, mit sogenannten Flatrate-Partys den Alkoholkonsum zu forcieren“. Sie plädieren für mehr Prävention: „Der Umgang mit Drogen, insbesondere der Droge Alkohol, muss intensiver an den Schulen und im Unterricht thematisiert und behandelt werden.“

Selbst die CDU lässt von ihrer Verbotsforderung weitgehend ab. Zwar pocht ihr gesundheitspolitischer Sprecher Mario Czaja darauf, Alkohol generell nicht mehr an Minderjährige abzugeben. Derzeit dürfen Jugendliche über 16 Jahren Bier, Sekt und anderes Geringalkoholisches trinken. Doch auch die Union erkennt den Sinn der bestehenden Gesetze und fordert „mehr Alterskontrollen in Gastronomie und Handel“. Kinder und Jugendliche wie die 15-Jährige, die Ende vergangener Woche im Volkspark Jungfernheide mit 4,1 Promille bewusstlos aufgefunden und in ein Krankenhaus eingeliefert worden war, sollten „durch das Jugendamt“ betreut werden.

Währenddessen hat die Leiterin der Schule, die Lukas W. besuchte, eine Presseerklärung abgegeben. Darin schreibt Eva Carender-Niemeier vom Dreilinden Gymnasium in Zehlendorf: „Die Schüler unseres Hauses erhalten psychologische Betreuung“, die „Drogen- und Gewaltprävention“ wolle sie fortsetzen.

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