: Indizien weisen auf Raketenabschuss hin
VERANTWORTUNG Die Ukraine, die Rebellen oder russisches Militär: Wer holte die malaysische Boeing 777 vom Himmel?
BERLIN taz | Der Untersuchungsbericht hat zwar geklärt, dass die Maschine des Flugs MH17 durch Beschuss abgestürzt ist. Die Ermittler machen aber keine Aussagen darüber, welche Seite im ukrainischen Krieg das Flugzeug vom Himmel geholt hat. Dennoch lassen sich Indizien über die Verantwortlichen für den Tod von 298 Menschen finden.
Nach dem Bericht ist das Flugzeug regelrecht durchlöchert worden. Das spricht nach Aussagen von Experten für den Abschuss durch ein mobiles Boden-Luft-Raketensystem vom Typ „Buk“ (deutsch: Buche).
Dieser 1979 zu Sowjetzeiten entwickelt Waffentyp ist in der Lage, Ziele in 45 Kilometer Entfernung und bis zu 25 Kilometer Höhe zu treffen. Die Gefechtskopf explodiert dabei unmittelbar vor dem Ziel und setzt Tausende kleiner Geschosse frei.
Die dokumentierten Zerstörungen sprechen gegen den Abschuss durch einen Militärjet. Diese Möglichkeit hatte Moskau ins Spiel gebracht und dabei auf einen ukrainischen Jet verwiesen, der in der Nähe von MH17 unterwegs gewesen sein soll.
Sowohl die Ukraine als auch Russland verfügen über „Bug“-Raketensysteme. Warum die Ukraine die Boeing abgeschossen haben sollte, bleibt unklar, weil ihr Gegner über keine Luftwaffe verfügt. Die Rebellen wiederum haben dementiert, solche Raketen zu besitzen.
Ein Einsatz durch die Separatisten erscheint auch deshalb unwahrscheinlich, weil das Waffensystem äußerst kompliziert ist und die Mannschaften etwa ein halbes Jahr Training für ihren Einsatz benötigen. Allerdings hat der Rebellenführer Alexander Chodakowski behauptet, andere Separatisten seien im Besitz dieser Raketen. Auch vor dem Absturz der Boeing 777 hatten Rebellen damit geprahlt, sie verfügten über das System. Mehrfach gelang es ihnen, ukrainische Militärflugzeuge in großer Höhe abzuschießen. Und schließlich verweist ein vom ukrainischen Geheimdienst abgehörtes Telefongespräch zwischen Separatisten auf deren Verantwortung.
Die britische BBC hat drei Augenzeugen in der Region gefunden, die auf eine direkte Beteiligung russischer Soldaten am Absturz verweisen. Die zivilen Zeugen berichteten, ein „Buk“-Raketensystem wenige Stunden vor dem Abschuss in der entsprechenden Region beobachtet zu haben. Nach diesen Angaben sprachen die Mannschaften akzentfreies Russisch und trugen auch nicht die Uniformen, wie sie Rebellen und ukrainische Regierungstruppen verwenden.
KLAUS HILLENBRAND