piwik no script img

Archiv-Artikel

Neue Frist für Geiseln

Entführer der beiden im Irak entführten Deutschen zeigen neues Video. Auswärtiges Amt: Bittere Demütigung

BERLIN afp/dpa ■ Die Entführer der beiden Deutschen im Irak haben in einem Video ein neues Ultimatum für einen deutschen Truppenabzug aus Afghanistan gestellt. In der Botschaft appelliert die entführte Deutsche Hannelore K. an die Regierung, die Forderungen der Geiselnehmer zu erfüllen, wie das auf Auswertung von Internetseiten islamistischer Gruppen spezialisierte US-Forschungsinstitut SITE mitteilte. Danach hat Deutschland zehn Tage Zeit, seine Truppen aus Afghanistan zurückzuziehen. Die Bundesregierung drückte ihre tiefe Besorgnis aus.

In dem 5 Minuten und 30 Sekunden dauernden Video wird die 61-jährige Deutsche zusammen mit ihrem Sohn Sinan vor einem grün-blauen Wandteppich gezeigt, wie sie um die Erfüllung der Forderungen der Geiselnehmer bittet. „Wieso wollen unsere Politiker, dass wir Opfer in einem Krieg werden, der uns nichts angeht?“, sagte die Entführte in dem Video. Sie trug ein Kopftuch und schwarze Kleidung. Sie rief Deutschland und Österreich dazu auf, ihr beizustehen: „Ich bitte euch, helft mir.“ „Deutschland war in Sicherheit, bevor es sich mit den Amerikanern zu dieser Koalition gegen den sogenannten Terrorismus zusammengeschlossen hat“, sagte sie.

An ihre Familie gerichtet erklärte die Frau weinend: „Ich würde euch so gerne sehen, ihr fehlt mir so sehr.“ Die Entführer sind nicht zu sehen, sie sprechen Arabisch im Hintergrund und geben Deutschland zehn Tage Zeit, seine Truppen aus Afghanistan zurückzuziehen.

Der Krisenstab im Auswärtigen Amt wertete den in der Nacht zum Dienstag auf einer extremistischen Internetseite entdeckten Film nach neuen Hinweisen aus. Nach Ansicht von Experten geht aus dem Material mit großer Sicherheit hervor, dass die beiden Deutschen noch am Leben sind.

„Es ist bitter, mit ansehen zu müssen, wie hier zwei Menschen vor laufender Kamera erniedrigt und gedemütigt werden“, sagte Außenamtssprecher Martin Jäger. Er äußerte die Hoffnung, dass die Entführten bald zu ihrer Familie zurückkehren können. Jäger sagte weiter, das Video sei gegen Mitternacht ins Netz gestellt worden. Es sei gegen 1 Uhr von den Experten des Auswärtigen Amtes entdeckt und anschließend ausgewertet worden.

Die mit einem irakischen Medizinprofessor verheiratete und seit Jahrzehnten in dem Land lebende Frau und ihr Sohn waren am 6. Februar in ihrem Haus im Bagdader Stadtteil Ghasalija verschleppt worden. Eine erste, am 10. Februar gestellte Frist für den Rückzug aus Afghanistan war am 20. März verstrichen. Bei gezielten Razzien von Sicherheitskräften in der letzten Märzwoche war keine Spur von den beiden Deutschen entdeckt worden.