LESERINNENBRIEFE
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Eine gelungene Entlarvung

■ betr.: „Stütze für alle“, taz vom 27. 4. 11

Es macht immer wieder Spaß, Matthias Greffraths Analysen zu lesen. Danke für die gelungene Entlarvung des quasi-religiösen Hypes rings ums „bedingungslose Grundeinkommen“. Diese vermeintliche Heilsbotschaft ist ein weiteres Instrument aus dem Werkzeugkasten neoliberaler Ideologien, welche uns mit der wachsenden Ungleichheit in der Gesellschaft versöhnen wollen, indem sie von den Fakten ablenken. Diese bestehen vor allem in einer inzwischen absurd gewachsenen Konzentration privater Vermögen bei gleichzeitiger Armut der öffentlichen Hände: Bildung und Erziehung, Steuerfahndung, Pflege, Lebensmittelkontrolle, Justiz – alles chronisch unterbesetzt. Hier und in anderen Bereichen müssten sich auch für „junge Kreative“ ein paar sinnvolle Arbeitsplätze finden lassen. Tarifgerecht zu bezahlen aus den von Götz Werner und anderen Besserverdienern endlich abzuschöpfenden Steuern.

CLAUDIA PINL, Köln

Kein Almosen, sondern Grundrecht

■ betr.: „Stütze für alle“, taz vom 27. 4. 11

Mag sein, dass Ihnen Götz Werner wie ein Guru oder Bauernfänger vorkommt und sein Publikum als eine Schar Jünger (auch ich sehe da Etliches sehr kritisch), aber die ironisierende Polemik gleich auf die Sache des bedingungslosen Grundeinkommens auszudehnen und zu vermischen, ist unsachlich.

Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) widerspricht überhaupt nicht der Arbeitszeitverkürzung, diese ist vielmehr eine mögliche, erwünschte und erwartbare Auswirkung. Und erst recht nicht geht es darum, Arbeit insgesamt abzuschaffen, wie es der Hinweis auf Morus suggeriert. Es geht vielmehr um die Motivation zur Arbeit: Freiwilligkeit statt Zwang, Sinn statt Geld. Geld brauchen wir als Einkommen, aber nicht als Peitsche zu fremdbestimmter Arbeit. Das BGE hat sehr wohl ein „systemerschütterndes“ Potenzial! Damit wird endlich der enge Zusammenhang zwischen Arbeit und Einkommen etwas gelockert und so die Macht des Geldes über die Menschen verringert: mit BGE haben sie auch dann ein ausreichendes Einkommen, wenn sie nicht einer Erwerbsarbeit nachgehen. Sie argumentieren noch sehr im alten Arbeitsbegriff, verstanden nämlich als Erwerbsarbeit. Als ob die per se etwas Gutes sei. Die viele andere unbezahlte Arbeit vernachlässigen Sie dagegen, obwohl die so fundamental wichtig ist, dass ohne sie unsere Gesellschaft schnell zusammenbräche.

Der Satz zum „Ethos der Arbeitsgesellschaft“ ist unsäglich rückwärts gewandt, die Wirklichkeit hat die angebliche „Kooperation“ und das „gesellschaftliche Wir“ längst als Illusion entlarvt. Die Polemik von der „lebenslangen Stütze“ ist noch ganz aus der alten Haltung heraus geschrieben. Beim BGE handelt es sich nicht um ein Almosen, sondern um ein Grundrecht. CHRISTOPH SCHWAGER, Rendsburg

Das Titelblatt ist super

■ betr.: „Die Hochzeit des Jahres“ „Späte Einsicht“, Kommentar von Georg Baltissen, taz vom 29. 4. 11

Das Titelblatt mit Abbas und Hanijeh anstatt des „Barbie für Erwachsene“-Themas (der Hochzeit in England) ist super.

Den Optimismus von Georg Baltissen teile ich allerdings nicht ganz. In den 90er Jahren wurde von Arafat schon einmal ein Staat Palästina ausgerufen und viele Länder haben diesen auch anerkannt, allerdings nicht diejenigen Länder, auf die es hier ankommt, nämlich die USA und die EU. Israel hat stets weiter dort gesiedelt, wo dieser Staat hätte entstehen sollen. Ohne den Willen, diesen Staat dann tatsächlich auch durchzusetzen, nützt eine weitere Ausrufung also gar nichts. MANUELA KUNKEL, Stuttgart