: Klinik doktert an Tarif herum
STREIK Die Charité bewegt sich im Streit um die Beschäftigten-Gehälter. Heute soll es eine neue Verhandlungsrunde geben. Streik geht weiter. 2.000 Demonstranten in Wedding
Ulrich Frei, Ärztlicher Direktor
VON KRISTINA PEZZEI
Die Charité will ihrer streikenden Belegschaft ein neues Angebot unterbreiten. Er habe die Gewerkschaft Ver.di in einem Brief zu einer Rückkehr an den Verhandlungstisch an diesem Mittwoch eingeladen, sagte der Ärztliche Direktor Ulrich Frei der taz. „Wir sind daran interessiert, den Streik nicht ausufern zu lassen.“ Ver.di reagierte zurückhaltend. Der Streik werde erst einmal nicht unterbrochen, sagte Gewerkschaftssekretärin Sylvi Krisch. Erst müsse geprüft werden, wie ernst es dem Arbeitgeber sei, im Rahmen der Tarifverhandlungen wieder an einen Tisch zu gelangen, um die geforderten Verbesserungen für die Mitarbeiter zu verhandeln.
Etwa 2.000 nichtärztlich Beschäftigte der Charité und damit ein Fünftel der Belegschaft hat seit Montag die Arbeit niedergelegt. Am Dienstagnachmittag verliehen Beschäftigte aus Steglitz, dem Standort Mitte und dem Weddinger Virchow-Klinikum ihren Forderungen bei einer Kundgebung vor dem Bayer-Gelände in Wedding Ausdruck. Die Pfleger, Schwestern, Assistenten und Reinigungskräfte verlangen, dass ihr Gehalt auf das bundesweite Niveau angehoben wird; konkret wollen sie 300 Euro mehr pro Monat.
Die Charité hat bisher ein Plus von 120 Euro pro Monat angeboten, inklusive einer Staffelung über mehrere Jahre bis auf 300 Euro. Das ist Ver.di zu wenig. Die Gehälter der Ärzte seien schließlich auch gesteigert worden, erklärte die Gewerkschaft. Sie fürchtet, dass Fachkräfte abwandern, wenn sie weiterhin unterdurchschnittlich verdienten.
Die Charité verwies dagegen auf ihre klamme Finanzlage und die Sparvorgaben des Senats. Indes hat die Ärztegewerkschaft Marburger Bund vor zwei Jahren tatsächlich eine Gehaltssteigerung von durchschnittlich elf Prozent durchgesetzt. Dieser Tarifvertrag gilt noch. Mit der Gehaltsanhebung wurde der Tarifstandard dem anderer Universitätskliniken in Deutschland angepasst.
Wie das neue Angebot an die nichtärztlichen Mitarbeiter aussieht, wollte der Charité-Direktor Frei nicht sagen. Offenbar sieht sich das Uniklinikum unter Zugzwang: Mit jedem Streiktag geht angeblich eine halbe Million Euro verloren. „So einen Streiktag kann man eine Woche durchhalten, dann ist das Ende der Fahnenstange erreicht“, sagte Frei. Erste Patienten hätten für Operationen bereits an andere Kliniken überwiesen werden müssen. Am Dienstag, dem zweiten Streiktag, wurden 30 Notfälle operiert. 360 Betten blieben laut Charité wegen des Streiks unbelegt. Den Gewerkschaften zufolge wurde auch in der Poststelle die Arbeit niedergelegt.
Die Linksfraktion zeigte zwar Verständnis für die finanzielle Notlage der Uniklinik, forderte aber zugleich höhere Löhne für die Beschäftigten. „Eine gute medizinische und pflegerische Betreuung braucht auch motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, erklärte der gesundheitspolitische Sprecher Wolfgang Albers.