: Die Macht des Pas de deux
TANZFESTIVAL Die intensivsten Begegnungen finden oft im Dialog statt. Weshalb „Dancing Roads Compact“ auf Duette setzt. Auch wenn mal mehr als zwei auf der Bühne stehen
■ Donnerstag: „L‘Apres-midi“, 20 Uhr
■ Samstag: „Pre-testo 1 – Naufragio con spettatore“, 20 Uhr
■ Sonntag: Doppelvorstellung mit „Atlas Fantasy“ und „Off Line“, 20 Uhr
■ Alle Veranstaltungen finden in der Schwankhalle statt
von Andreas Schnell
Zur Eröffnung von „Dancing Roads Compact“ am Dienstagabend erschien beinahe das gesamte Tanzensemble des Bremer Theaters. Ein Indiz dafür, dass Luise Lecavalier von der kanadischen Kompanie La La La Human Steps und Benoît Lachambre durchaus Namen von Rang sind. Mit „Is You Me“ erfüllen sich die beiden den Wunsch, gemeinsam zu tanzen.
Zwar sind an dem Stück zwei weitere Künstler beteiligt, die durchaus nicht im Hintergrund agieren: Der Musiker Hahn Rowe, in dessen Vita große Namen wie Glenn Branca, David Byrne und die Swans stehen, und der französische Videokünstler Laurent Goldring sind maßgeblich an der Produktion beteiligt.
Davon, so erklärte Projektleiter Helge Letonja, solle man sich allerdings nicht irritieren lassen. „Es können auch zwei und zwei und zwei und zwei sein.“ Das Doppel-Duo zeigte dann in 75 Minuten einen Bilderreigen, der verblüffende Wechselwirkungen zwischen den Künsten offenbarte. Nachdem Lachambre und Lecavalier zunächst mit dem Thema schwarzweiß spielten, schuf Goldring im weiteren Verlauf einen graphischen Reichtum zwischen nervöser Abstraktion und geradezu poppigen Zeichen bis hin zu Arbeiten, die an chinesische Kalligraphie erinnerten, und so schnell wieder verschwanden, wie sie vor den Augen des Publikums entstanden. Rowe schuf dazu ein Klangbild, das atmosphärische Flächen mit kraftvollen Beats und Klängen aus seiner Violine verband.
Ein eindrucksvoller Auftakt des Festivals, das zum Abschluss des zweijährigen internationalen Kooperationsprojekts „KoresponDance Europe“ noch bis Sonntag Duette präsentiert. Die Teilnehmer kommen aus Italien, der Slowakei, der Tschechischen Republik, Deutschland, Frankreich und Kanada, in den Choreografien selbst begegnen sich unterschiedliche Tanzkulturen und Blickwinkel.
Heute Abend ist mit „L‘Apres-midi“ noch eine Ausnahme von der Zweierregel zu sehen. Der Choreograph Raimund Hoghe hat ein Solo für den Tänzer Emmanuel Eggermont geschrieben, das auf einen Klassiker des Tanzes verweist: 1912 schuf Vaslav Nijinsky zur Musik von Debussys „L‘Apres-midi d‘un faune“ eine so skandalöse wie erfolgreiche Choreografie. Hoghe erweitert den musikalischen Rahmen um eine Auswahl von Mahlers „Kindertotenliedern“ und „Rückertliedern“, um, so die New York Times, ein „kubistisches Gemälde eines Tanzes“ zu erschaffen.